Bundeskompensationsverordnung (BKompV) - Hintergrund

moosbewachsener, umgestürzter Baum in einem Mischwald

Die BKompV konkretisiert die gesetzlich vorgesehene naturschutzrechtliche Eingriffsregelung für Vorhaben im Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung. Dabei wird die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung länderübergreifend vereinheitlicht und insgesamt transparenter und effektiver gestaltet. 

Die Verordnung gilt für Vorhaben, die in den Zuständigkeitsbereich der Bundesbehörden fallen, wie zum Beispiel der Folgenden:

  • Bundesnetzagentur: Energieleitungen – Freileitungen und Erdkabel
  • Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt: Wasserstraßenprojekte
  • Eisenbahn-Bundesamt: Eisenbahnprojekte
  • Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: zum Beispiel Offshore-Windparks; Kabelanbindungen Offshore-Land
  • Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, Bundeswehrdienstleistungszentren, das Luftfahrtamt der Bundeswehr: Projekte mit militärischem Bezug
  • Bundesanstalt für Immobilienaufgaben: Projekte auf Truppenübungsplätzen für die Bundeswehr und Gaststreitkräfte
  • Fernstraßen-Bundesamt (ab 2021): bestimmte Bundesfernstraßen

Damit sind bedeutende Vorhaben, insbesondere im Bereich der öffentlichen Infrastruktur, erfasst.

Durch die Verordnung werden die Anforderungen im Rahmen der gesetzlich bestehenden Verpflichtungen zur Vermeidung und Kompensation von Beeinträchtigungen bei Eingriffen in Natur und Landschaft weiter konkretisiert und bundesweit standardisiert. 

Dabei besteht der Anspruch sowohl den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege als auch den Interessen der Nutzerseite gerecht zu werden. So wurde der durch das Bundesnaturschutzgesetz vorgegebene naturschutzfachliche Standard aufrechterhalten und zugleich ein Regelwerk geschaffen, das einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Investitionsbedingungen, zur Beschleunigung der Verwaltungsverfahren, zur stärkeren Transparenz der behördlichen Entscheidungen und zur Erhöhung der Planungs- und Rechtssicherheit privater wie öffentlicher Vorhaben leistet.

Zurückzuführen ist dieser Beitrag auf die mit der Verordnung einhergehenden Standardisierung und Konkretisierung, was gerade bei länderübergreifenden Projekten wie Energieleitungen oder dem Fernstraßenbau besonders deutlich wird. Mussten diese Projekte bisher bei Überschreitung einer Landesgrenze ein anderes Regelwerk anwenden, können sie nunmehr unabhängig von der Verortung des Projektes stets die BKompV heranziehen. Eine Auseinandersetzung mit den zur Eingriffsregelung bestehenden zahlreichen gesetzlichen und untergesetzlichen Normen, Verwaltungsvorschriften, Erlasse und Leitfäden der Länder ist damit für die Projekte, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, nicht mehr erforderlich.

Grundlage der Verordnung ist ein Biotopwertverfahren, das sich auf die Biotoptypenlisten der Anlage 2 stützt. Hier werden bundesweit einheitlich, basierend auf der aktualisierten Roten Liste, der FFH-Richtlinie und der gesetzlich geschützten Biotope Biotoptypen aufgeführt und im Rahmen einer Skala von 1-24 Wertpunkten bewertet. Erfasst werden terrestrische Biotoptypen, Küstenbiotoptypen sowie solche im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone. Da auf Landesebene mit anderen Bewertungssystemen gearbeitet wird, fertigt der Bund bis Ende Mai 2020 Übersetzungsschlüssel an, die eine Umrechnung der jeweiligen Biotoptypen ermöglicht. Damit ist sichergestellt, dass bisher nach Landesrecht erfolgte Kartierungen auch nach Inkrafttreten der BKompV weiterhin verwendet werden können. Auch dienen sie zur Umrechnung der auf Landesökokonten verbuchten Maßnahmen.

Um zu gewährleisten, dass der naturschutzfachliche Standard des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) gehalten wird, sieht die BKompV neben dem Biotopwertverfahren stets eine Prüfung auf Beeinträchtigungen besonderer Schwere vor. Sollten danach für die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima oder Luft Beeinträchtigungen besonderer Schwere zu erwarten sein, müssen diese Schutzgüter explizit erfasst und bewertet werden. In Abhängigkeit davon hat auch die Kompensation zu erfolgen.

Das Schutzgut Landschaftsbild wird vielfach über Ersatzgeldzahlungen kompensiert. Hier legt die BKompV einheitliche Maßstäbe auf Grund einer höhenbezogenen Skalierung fest. Umfasst ein Vorhaben zwei oder mehr Mast- oder Turmbauten oder werden Mast- oder Turmbauten im räumlichen Zusammenhang mit bereits Bestehenden errichtet, sind Abschläge von 15 Prozent vorgesehen, bei Offshore-Anlagen, die in einem Cluster nach dem Windenergie-auf-See-Gesetz stehen, liegt der Abschlag bei 35 Prozent. Sonderregelungen gelten für Offshorewindparks auch für die Realkompensation. Dies beruht auf der Tatsache des Fischereiausschlusses in der Sicherheitszone, die für jeden Offshorewindpark festgesetzt wird.

Ein besonderes Augenmerk legt die BKompV auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft. Gestützt auf das BNatSchG werden hier für die Praxis hilfreiche Konkretisierungen vorgenommen, die den Umgang mit dem gesetzlichen Vermeidungsgebot erleichtern. Sie ermöglichen, Vorhaben in ihrer Planung und Ausführung derart zu optimieren, dass zur ihrer Realisierung so wenig wie möglich Eingriffe in Natur und Landschaft erforderlich sind und führen damit zu einer win-win Situation sowohl für Natur und Landschaft als auch für Vorhabenträger.

Was das Kompensationskonzept der BKompV anbelangt, so berücksichtigt dieses ebenfalls unterschiedliche Belange und Interessen und bringt diese in einen harmonischen Ausgleich. Angelehnt an das BNatSchG ermöglicht die BKompV eine instrumentenübergreifende Kompensation. Danach erfolgt eine Deltabetrachtung, die berücksichtigt welche Kompensationsmaßnahmen bereits aufgrund anderer naturschutzrechtlicher Instrumente vorgenommen worden sind. Soweit diese auch den Schutzgütern der Eingriffsregelung zugutekommen, ist lediglich das verbleibende Delta zu kompensieren. Hierbei soll dann im Sinne einer effektiven Kompensation auf multifunktionale Maßnahmen und soweit dies vereinbar ist, insbesondere auf bevorratete Maßnahmen zurückgegriffen werden. Damit wird nicht nur naturschutzfachlich sinnvoll kompensiert, sondern auch der Aspekt der Flächenschonung berücksichtigt.

Letzterer ist eine Maßgabe aus dem Koalitionsvertrag, die insbesondere mit Blick auf landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen im Rahmen der BKompV aufgegriffen worden ist. Danach können für die Landwirtschaft besonders geeignete Böden nur in Anspruch genommen werden, nachdem geprüft worden ist, ob die Kompensation auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen erbracht werden kann. Auch ist beispielsweise eine Beteiligung der zuständigen Landwirtschafts- und Forstbehörden bei der Prüfung der Geeignetheit der Flächen für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen vorgesehen, soweit agrarstruktureller Belange im Sinne des § 15 Absatz 3 BNatSchG betroffen sein können.

Eine Reihe wichtiger fachlicher Aspekte ergibt sich aus der Anwendung der sechs Anlagen zur BKompV. Anlage 2 enthält eine bundesweit anwendbare Biotoptypenliste; Anlage 6 u.A. eine Liste von produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen (PIK’s).  

Stand: 14.04.2020

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