Rede von Steffi Lemke beim ersten Schutzgebietskongress für Afrika

21.07.2022
Steffi Lemke bei der APAC
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hielt beim ersten Schutzgebietskongress für Afrika eine Rede. Im Zentrum steht der One Health-Ansatz, zum Schutz der gesunden Natur und gesunden Ökosystemen.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Minister Ngamije,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

über Jahrzehnte wurde der Umweltschutz und insbesondere der Schutz der biologischen Vielfalt mehr oder weniger als ein "nice to have" betrachtet. Aber das Gegenteil ist der Fall: Eine gesunde Umwelt ist Voraussetzung für unsere menschliche Gesundheit, für unser Wohlbefinden und eine resiliente Wirtschaft und Gesellschaft. Gesunde Ökosysteme sind unsere Lebensgrundlage. Ihr Erhalt ist deshalb ein "Must have". Die Corona-Pandemie hat das noch einmal deutlich in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt und gezeigt, wie eng die Gesundheit von Menschen, mit der von Tieren und Ökosystemen zusammenhängt.

Diese Aufmerksamkeit sollten wir jetzt für den One Health-Ansatz nutzen. Denn er zielt darauf ab, die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen. "One Health" erfährt in den letzten Jahren zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Im Augenblick wird zum Beispiel darüber diskutiert, wie der Ansatz angemessen in das Global Biodiversity Framework aufgenommen werden kann. Und auch in den Diskussionen um ein globales Pandemie-Abkommen spielt "One Health" eine wichtige Rolle.

Wichtig ist jetzt, die konkrete Umsetzung des Ansatzes auf allen Ebenen und sektorübergreifend zu verankern. Für mich steht dabei die Prävention im Mittelpunkt.

Denn eines ist doch klar: Die Ursachen, die zur Entstehung von Pandemien beitragen, sind dieselben, die auch zum Verlust der biologischen Vielfalt und zum Klimawandel beitragen. Menschliche Eingriffe und immer weiteres Eindringen in natürliche Ökosysteme. Lebensräume und Ökosysteme werden dabei geschädigt, zerstückelt oder ganz zerstört.

Die überlebenden Arten teilen sich dann immer kleinere Lebensräume immer häufiger mit Menschen. Diese Nähe zwischen Mensch und Wildtier macht ein Überspringen von Viren wahrscheinlicher. Der Erhalt von Ökosystemen ermöglicht es dagegen, widerstandsfähiger gegenüber Pandemien und anderen Krisen zu werden. Auch durch den Handel mit Wildtieren auf Wildtiermärkten schafft der Mensch sehr gute Bedingungen für die Übertragung und Verbreitung von Krankheitserregern auf andere Arten – auch auf den Menschen.

Diese Zusammenhänge sind durch etliche wissenschaftliche Studien bestätigt. Sie alle kommen zu einem klaren Ergebnis: Je mehr der Mensch die Natur zerstört, desto größer ist das Risiko von Zoonosen, die letzten Endes zu Pandemien führen können. Und daraus folgt: Um das Risiko zukünftiger Zoonosen und Pandemien zu verringern, brauchen wir eine ambitionierte Arten- und Naturschutzpolitik! Prävention ist zudem wesentlich günstiger, als auf Epidemien und Pandemien zu reagieren, wenn sie erst einmal ausgebrochen sind. COVID-19 hat das weltweit sehr deutlich gezeigt. Das Bewusstsein dafür müssen wir auch bei denjenigen stärken, die heute nicht hier im Raum sitzen.

Auf internationaler, nationaler und subnationaler Ebene braucht es entsprechende Strukturen, um die Entwicklung, Umsetzung und Koordination von "One Health"- Initiativen sicherzustellen. Dafür muss die Politik einen angemessenen Rahmen setzen mit entsprechenden Kapazitäten und Ressourcen.

Deutschland wird dabei mit Kräften unterstützen und tut das bereits. Ich möchte dafür zwei Beispiele nennen:

1. Die "International Alliance Against Health Risks in Wildlife Trade", die wir gemeinsam mit dem Bundesentwicklungsministerium ins Leben gerufen haben und die während des IUCN World Conservation Congress in Marseille im September 2021 offiziell gestartet worden ist. Mittlerweile haben sich weltweit über 100 Organisationen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft den Zielen der Allianz verschrieben. Die Risiken eines Übergreifens von Zoonosen entlang der Handelskette mit Wildtieren und ihren Produkten sollen so substantiell gemindert werden und das Wissen und Politikansätze hierzu auf nationaler und internationaler Ebene gesteigert werden.

2. Ein weiteres Beispiel ist der "Nature for Health Multi-Partner Trust-Fund", den wir vor wenigen Monaten zusammen mit IUCN, UNEP, dem CBD-Sekretariat, WHO, UNDP, der Weltorganisation für Tiergesundheit und der EcoHealth Alliance ins Leben gerufen haben. Ziel dieser Initiative ist es, Partnerländer bei der Umsetzung präventiver One Health-Strategien zu unterstützen. Über unsere Internationale Klimaschutzinitiative haben wir bereits 50 Millionen Euro für diese Initiative bereitgestellt.

Heute Nachmittag ab 16:30 Uhr wird ein Side Event des Konsortiums stattfinden. Ich lade sie herzlich ein, dabei mehr über den Trust-Fund zu erfahren.

Es ist klar, dass diese Initiativen erst die ersten Schritte sein können. Auch in Deutschland stehen wir noch relativ am Anfang bei der Umsetzung von "One Health". Aber wir gehen voran: Ich habe ein Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz angestoßen, für das wir in den nächsten Jahren vier Milliarden Euro bereitstellen werden. Das Programm zielt in die gleiche Richtung wie der "One Health"-Ansatz: Denn Natürlicher Klimaschutz wirkt an der Schnittstelle zwischen Erhalt der Artenvielfalt, Klimaschutz und Vorsorge gegen die Folgen der Klimakrise. Klima- und Naturschutz werden dabei zusammenhängend betrachtet und Synergieeffekte gezielt genutzt.

Ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen, lieber Kollege, zu Ihren Erfahrungen in Ruanda. Und auch auf die Beiträge der anderen anwesenden Expertinnen und Experten bei der anschließenden Diskussion. Denn beim Thema One Health kommen wir nur voran, wenn wir zusammenarbeiten und voneinander lernen. Ich danke IUCN und allen weiteren Beteiligten für die Organisation des ersten afrikanischen Schutzgebiets-Kongresses. Und wünsche uns allen einen erkenntnisreichen Tag.

Vielen Dank!

21.07.2022 | Rede Naturschutz

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