Rede von Steffi Lemke zur Ausrufung der Pfarreiche in Klein Lübars als Nationalerbe-Baum

28.04.2023
Bundesministerin Steffi Lemke
In ihrer Rede zur Ausrufung der Pfarreiche in Klein Lübars als Nationalerbe-Baum wies Steffi Lemke auf die wichtige Rolle von Initiativen wie dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz zu Erhaltung der deutschen Wälder hin.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Frau Doreen Krüger,
Prof. Dr. Andreas Roloff,
Herr Dr. Eichner,
Herr Dr. Burchhardt,
Damen und Herren Abgeordnete, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
Damen und Herren,

neben einem solch erhabenen Baum zu stehen gehört definitiv zu den schönen Terminen im Kalender einer Umweltministerin. Eichen wie diese imposante Pfarreiche – viele sagen auch: diese Bilderbucheiche – sind seit Jahrhunderten bewundert und besungen. Eine 200-jährige Eiche und ihre Bewohner sind derzeit sogar Stars in einem Kinofilm. Das könnte ich mir auch für diese Eiche gut vorstellen!

Wir alle haben schon einmal gespürt: Bäume tun uns einfach gut. Sie lassen uns zur Ruhe kommen, sie sorgen für klare Luft, sie spenden Schatten und Kühlung an heißen Sommertagen. Nicht umsonst zog es während der Corona-Pandemie die Menschen zum Spazierengehen in den Wald.

Das alles wäre ja schon Grund genug, unsere Wälder zu schützen und zu erhalten. Aber sie tun noch viel mehr für uns:

  • Wälder sind unverzichtbare Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen. Wir brauchen sie für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Viele Arten sind darauf angewiesen in Wäldern sogenannte Habitatbäume vorzufinden. Das sind alte, absterbende Bäume, in denen sie beispielsweise Höhlen bauen können. Einige Arten gedeihen nur im Schatten der Bäume, wieder andere benötigen Eicheln, Bucheckern oder Fichtensamen als Nahrung.
  • Wälder sind Klimaschützer, weil sie Kohlenstoff speichern. Neben den Böden sind sie unsere wichtigsten Kohlenstoffsenken, ohne die wir unsere Klimaschutzziele nicht erreichen können.
  • Und Wälder sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Holz ist ein beliebter Werkstoff für die Bauindustrie und andere Sektoren. Seit dem Ausbruch des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine ist die Nachfrage nach Brennholz dramatisch gestiegen. Dadurch gerät der Wald unter Druck.

Der Wald soll so viele Funktionen für uns erfüllen, und doch ist er seit Langem in der Krise. Schon in den 80er Jahren ging die Angst vor dem Waldsterben um. Heute sieht man bei einer Fahrt durch Deutschland schnell, welche Störungen und Schäden die Dürren der letzten Sommer hinterlassen haben. Jahr um Jahr kämpfen wir erneut gegen Waldbrände. Der Waldzustandsbericht für 2022 hat ergeben, dass nach wie vor eine hohe Kronenverlichtung bei allen Baumarten zu verzeichnen ist. Das heißt, sie sind in weitaus schlechterem Zustand als diese Eiche und ihre Kronen haben weniger Blätter, als man bei einem gesunden Baum erwarten würde.

Für den schlechten Zustand der Wälder gibt es mindestens zwei wesentliche Ursachen:

  • Die Klimakrise mit steigenden Temperaturen und geringeren Niederschlägen
  • und die Jahrzehnte zurückliegende Entscheidung der Forstwirtschaft, auf schnell wachsende Nadelhölzer in Form von Monokulturen zu setzen. Aus heutiger Sicht war das eine Fehlentscheidung. Insbesondere Fichtenwälder leiden am stärksten unter den Folgen der Klimakrise, während naturnahe Mischwälder weniger Schäden aufweisen.

Bei diesen Ursachen setzen wir an, um den Zustand der Wälder langfristig zu verbessern. Wie Sie vielleicht wissen, hat das Kabinett Ende März das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz verabschiedet. Ziel ist es, natürliche und naturnahe Ökosysteme zu schützen, zu stärken oder wiederherzustellen – also Moore wieder zu vernässen, Auen zu renaturieren oder eben den Zustand der Wälder zu verbessern. Insgesamt werden bis 2026 vier Milliarden Euro in konkrete Wiederherstellungsmaßnahmen und in Anreize für klimafreundliche und naturverträgliche Bewirtschaftungsformen investiert.

Das ANK sieht zur Stärkung der Wälder verschiedene Maßnahmen vor:

  • Erstaufforstungen – das Pflanzen neuer Wälder. Damit soll die Fläche des Waldes insgesamt vergrößert werden.
  • Schaffung artenreicher Laubmischwälder durch Wiederherstellung und Waldumbau. Denn solche Mischwälder können der Klimakrise besser standhalten.
  • Und finanzielle Anreize für zusätzliche Klimaschutz- und Biodiversitätsleistungen im Wald. Dazu haben wir gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium ein Programm entwickelt, das sich großer Nachfrage erfreut. Das zeigt, dass die Dringlichkeit, dass sich etwas ändern muss, bei allen Beteiligten angekommen ist.

Neben den drei zuvor genannten Maßnahmen haben wir uns im Koalitionsvertrag auf einen Einschlagstopp für alte, naturnahe Buchenwälder verständigt. Der Einschlagstopp soll in einem ersten Schritt auf den Flächen des Bundes umgesetzt werden. Der Beitrag der Länder und Kommunen soll über eine "Allianz der Freiwilligen" umgesetzt werden. Ebenso ist geplant, das Ziel auf den Privatwald auszuweiten.

Dass der Schutz alter Wälder gelingen kann, haben wir in der Vergangenheit mit dem UNESCO Weltnaturerbe Buchenwälder bewiesen. Einst haben die Buchenwälder das Erscheinungsbild Europas geprägt. Heute sind die naturnahen europäischen Buchenwälder auf wenige Gebiete zurückgedrängt. Als Lebensräume sind sie stark bedroht. Die letzten Reste müssen wir für die kommenden Generationen erhalten und als Ausgangspopulationen für eine Wiederherstellung dieser Waldtypen nutzen. Die Anerkennung der alten Buchenwälder und Buchenurwälder als UNESCO-Weltnaturerbe leistet einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung dieser wertvollen Relikte.

Die alten Buchenwälder sind eine transnationale Naturerbestätte mit 94 Teilgebieten in 18 Ländern. Das ist weltweit einzigartig – eine tolle Erfolgsgeschichte für den Schutz von wertvollen alten Wäldern. Ich wünsche mir, dass wir diese Erfolgsgeschichte auch in anderen Bereichen fortführen können.

Alte Bäume und naturnahe Wälder sind von unschätzbarem Wert für die biologische Vielfalt, haben eine deutliche Klimaschutzwirkung, halten das Wasser in der Landschaft und sind Erholungsorte für uns Menschen.

Uralt-Bäume beeindrucken uns durch ihre Mächtigkeit. Sie haben viele Generationen überdauert und zeigen uns, was die Natur vermag. Alte Bäume vermitteln den Menschen ganz automatisch, dass der Schutz der Natur ein Wert an sich ist. Die Ausrufung der Pfarreiche hier in Klein Lübars als Nationalerbe-Baum durch die Dendrologische Gesellschaft würdigt all das.

Diese Eiche hat viele Generation hier in der Stadt Möckern überlebt. Ihr guter Zustand zeigt, wie sehr sich die Menschen hier um den Baum gekümmert haben. Durch Ihr Engagement wird es möglich sein, dass noch viele weitere Generationen sich an diesem Anblick erfreuen können. Mir wird dieser Baum ganz besonders in Erinnerung bleiben.

Nationalerbe-Bäume wie diese Pfarreiche sind ein Symbol. Sie zeigen uns, wie wichtig Bäume, Wälder, die Natur insgesamt für uns Menschen sind. Und sie erinnern uns an unsere Verantwortung dafür, Wälder zu schützen und zu erhalten, Klimakrise und Artenaussterben entschlossen zu bekämpfen.

Mein Dank geht deshalb an Sie, Frau Krüger und Sie, Herr Prof. Dr. Roloff, für ihr Engagement für diesen und viele weitere ähnlich beeindruckende Bäume. Ich wünsche uns allen, dass sie uns noch lange erhalten bleiben.

Informationen

Natürlicher Klimaschutz

Natur stärken – Klima schützen

28.04.2023 | Rede Naturschutz | Klein Lübars
https://www.bmuv.de/RE10579
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.