Rede von Steffi Lemke bei der 2. Deutschen Mehrwegkonferenz der Deutschen Umwelthilfe

22.11.2022
Bundesministerin Steffi Lemke
Bundesumweltministerin Steffi Lemke eröffnete die 2. Deutsche Mehrwegkonferenz mit einer Rede mit dem Thema: "Mit einer starken Kreislaufwirtschaft zu effektivem Klima- und Ressourcenschutz".

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Metz,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlichen Dank für die Einladung! Am 17. September habe ich hier in Berlin am World Cleanup Day teilgenommen. Dabei hat sich wieder einmal gezeigt, wieviel Abfall in unserer Umwelt landet: Verpackungen, Zigarettenkippen, Verpackungen und vieles mehr vermüllen unsere Städte, Wälder, Flüsse und Meere. Klar ist: Wir brauchen einen grundlegend anderen Umgang mit unserer Umwelt und unseren Ressourcen. Wir dürfen nicht erst ansetzen, wenn der Müll schon in der Umwelt liegt. Wir müssen verhindern, dass er entsteht. Dazu ist es nötig, den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Verpackungen in den Blick zu nehmen.

Unser Wirtschaftsmodell ist überwiegend linear: Ein Rohstoff wird zum Produkt, das Produkt zum Abfall. Die Umweltfolgen sind unübersehbar: Klimakrise, Artenaussterben und Umweltverschmutzung. Sie alle bedrohen unsere Lebensgrundlagen. Für alle drei Umweltkrisen ist der Verbrauch von Rohstoffen die vielleicht entscheidende Stellschraube. Immer deutlicher wird, dass wir unseren Ressourcenverbrauch reduzieren müssen, dass wir uns Zug um Zug unabhängiger machen müssen von der ständigen Zufuhr neuer Rohstoffe aus allen Ecken der Welt. Dies gilt nicht nur für Energierohstoffe wie Kohle, Öl und Gas.

Zur linearen Wirtschaft gibt es zum Glück eine gute Alternative: eine umfassende Kreislaufwirtschaft, eine Circular Economy. Produkte klug gestalten – lange nutzen – wiederverwenden und recyceln: damit schließt sich die Kette zum Kreis. Die Frage ist dann nicht mehr, was tun mit dem Müll. Die Frage ist, wie können wir Abfall vom notwendigen Übel zur wertvollen Rohstoffquelle machen?  

Diese Frage und viele weitere beantwortet die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, die mein Ministerium derzeit erarbeitet. Sie bündelt Strategien für ein rohstoffpolitisches Umdenken. Und zu mehr Ressourcenschutz gehört zwingend eine Verpackungswende auf allen Ebenen.

Erstens: auf internationaler Ebene

Global sind die Weichen für die Verpackungswende bereits gestellt. Im März in Nairobi haben wir Umweltministerinnen und Umweltminister den Anstoß gegeben für Verhandlungen über ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen zur Beendigung der Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren. Bis 2024 soll es fertig sein. Das Abkommen soll den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffprodukten in den Blick nehmen, denn nur so lässt sich das Problem der Plastikverschmutzung wirksam bekämpfen. Dieser umfassende Ansatz war in Nairobi mein zentrales Anliegen.

Viele NGOs und Firmen weltweit entwickeln bereits Lösungen, wie Plastik besser im Kreislauf geführt werden kann. Deshalb hat mein Ministerium den dritten Förderaufruf zu unserem Programm gegen Meeresmüll gestartet. Ab sofort können sich Projekte bewerben, die sich zum Beispiel mit nachhaltigen Materialalternativen, innovativem Produktdesign und Digitalisierung befassen. Ebenfalls fördern wir Projekte, die umweltgerechte Entsorgungs- und Recyclingstrukturen in Ländern des globalen Südens schaffen.

Zweitens: Verpackungswende auf nationaler und europäischer Ebene

Vor dem Hintergrund dieses globalen Rahmens steht für mich fest: Auch in Europa und Deutschland haben wir noch sehr viel zu tun in Sachen Verpackungswende und Mehrweg-Renaissance. Einwegverpackungen müssen unattraktiv werden, und Mehrweg der neue Standard.

Dazu hat die Bundesregierung bereits zwei Neuerungen auf den Weg gebracht:

  • Ab 2023 müssen Restaurants und Cafés To-Go-Speisen und -Getränke auch in Mehrwegverpackungen anbieten.
  • Am 2. November hat das Bundeskabinett meinen Entwurf für ein Einwegkunststofffondsgesetz beschlossen. Bisher zahlen alle Bürgerinnen und Bürger für die Reinigung der Städte und Parks von achtlos weggeworfenen Einwegkunststoffabfällen wie zum Beispiel Zigarettenkippen. Das wird sich ändern. Künftig werden die Hersteller an den Reinigungs- und Entsorgungskosten bestimmter, häufig in die Umwelt entsorgter Kunststoffprodukte beteiligt.

Das können aber für mich nur erste Schritte sein. In der Sache müssen wir noch viel weiter vorangehen.

Die Stichworte sind Ihnen bekannt:

  • Ich möchte Mehrweg bei Getränken stärken.
  • Im To Go-Bereich ärgert mich, dass Einwegverpackungen immer noch kostenlos ausgegeben werden können.
  • Es ist unverständlich, warum in manchen Schnellrestaurants immer noch für den Verzehr vor Ort ausschließlich Einwegverpackungen und -geschirr angeboten werden.
  • Mehrweg in der Logistik und im Versandhandel steckt noch in den Kinderschuhen.
  • Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass wir die Beteiligungsentgelte im Verpackungsgesetz ökologisch gestalten wollen, um ressourcenschonendes und recyclingfreundliches Verpackungsdesign zu belohnen.
  • Die Chancen des chemischen Recyclings als zusätzliche Option wollen wir sachgerecht bewerten.

An all diesen Punkten arbeitet mein Haus derzeit intensiv. Unter anderem schauen wir uns gerade sehr genau an, welche Maßnahmen sinnvollerweise auf nationaler und welche auf europäischer Ebene geregelt werden sollten.

Insbesondere Vorgaben zum nachhaltige Design von Verpackungen wird man nur europaweit regeln können. Dies gilt zum Beispiel für produktbezogene Vorgaben zum Rezyklateinsatz oder zur Recyclingfähigkeit. Wie Sie wissen, wird auf europäischer Ebene derzeit die europäische Verpackungsrichtlinie überarbeitet. Darin steckt großes Potenzial:

  • für die Reduktion von Abfall,
  • für die Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes,
  • und für eine bessere Versorgungssicherheit mit Rohstoffen.

Gemeinsam mit Österreich, Luxemburg und den Niederlanden habe ich mich deshalb vor kurzem an die Europäische Kommission gewandt und für eine ehrgeizige Überarbeitung der Richtlinie geworben. Wir haben uns gemeinsam für einen ambitionierten und zirkulären Ansatz ausgesprochen und neben der Relevanz für den Binnenmarkt die Umweltrelevanz des Vorhabens hervorgehoben

Vermeidung, Wiederverwendung, hochwertiges Recycling und der zunehmende Einsatz von Rezyklaten müssen auch die europäische Verpackungswende beflügeln. Wir können in Deutschland auf gut funktionierenden Strukturen aufbauen, die von den Bürgerinnen und Bürgern ganz überwiegend auch angenommen werden. Wo wir am Ende die Dinge regeln – ob national oder europäisch – ist für mich nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist für mich ein möglichst hohes Ambitionsniveau, bei dem wir den Bürgerinnen und Bürgern praxisgerechte Lösungen anbieten, die Umwelt und Klima entlasten, Kreisläufe schließen und den Primärrohstoffverbrauch reduzieren.

Die oberste Stufe der Abfallhierarchie ist zu Recht die Abfallvermeidung. Mehrweg ist Abfallvermeidung und trägt dazu bei, die Verpackungsflut einzudämmen. Sie beschäftigen sich heute den ganzen Tag mit den verschiedenen Facetten des Themas Verpackungen. Heute Nachmittag wird Frau Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hoffmann mit Ihnen gemeinsam noch tiefer in die Diskussion um gute und nachhaltige Verpackungslösungen einsteigen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der DUH für diese Veranstaltung und Ihr Engagement für das Thema Mehrweg. Frau Metz, begleiten Sie uns weiterhin – wie gewohnt konstruktiv und – wo nötig – auch kritisch. Für den heutigen Tag wünsche ich Ihnen erhellende Diskussionen und natürlich gute Ergebnisse. Vielen Dank.

22.11.2022 | Rede Kreislaufwirtschaft

Meldungen zum Thema

https://www.bmuv.de/RE10361
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.