Rede von Steffi Lemke im Deutschen Bundestag zum Bundeshaushalt 2023, Einzelplan 16, 1. Lesung

06.09.2022
Steffi Lemke im Bundestag
Bundesumwelt- und -verbraucherschutzministerin Steffi Lemke hielt eine Rede zum Bundeshaushalt 2023 im Deutschen Bundestag.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Frau Präsidentin / Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Jahr 2022 ist in vielfacher Hinsicht ein Krisenjahr. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, Inflation, extrem steigende Energie- und Verbrauchskosten, Sorgen um die Versorgungssicherheit – treffen auf eine Gesellschaft und eine Wirtschaft, die immer noch mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen hat. Gleichzeitig brennen Wälder in ganz Europa, belastet die Hitze - vor allem ältere -  Menschen, trocknen Flüsse aus – all das Folgen eines weiteren Hitze- und Dürresommers und der sich verschärfenden Klimakrise.

Jetzt rächt sich, dass sich viel zu lang nur ungenügend um Energiesparen, um den naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze gekümmert wurde. Diese Erblast kommt uns heute teuer zu stehen.

Für die Bundesregierung haben in dieser äußerst angespannten Situation die Versorgungssicherheit und Hilfe für die Bevölkerung, vor allem für die Menschen mit geringem Einkommen, Priorität. Das im Koalitionsausschuss am Sonntag beschlossene Hilfspaket ist groß. Für mich als Verbraucherschutzministerin ist die Kombination aus Strompreisbremse, dem Schutz vor Kündigungen und vor Strom- und Gassperren, sowie natürlich dem Paket finanzieller Entlastungen entscheidend gewesen und deshalb halte ich das erzielte Ergebnis wirklich für gut. Ich will dazu sagen, dass damit natürlich nicht alle Belastungen ausgeglichen werden, aber wir federn die Härten ab und helfen vor allem dort, wo es am dringlichsten ist.

Aus Sicht des Verbraucherschutzes ist natürlich ebenso essentiell, dass die Versorgungsicherheit gewährleistet ist. Ich habe deshalb immer gesagt, dass wir das Ergebnis des Stresstests zur Versorgungssicherheit nüchtern bewerten werden. Der Bundeswirtschaftsminister hat es gestern vorgestellt und zusammen mit den Netzbetreibern festgestellt, dass es aus Gründen der Versorgungssicherheit sinnvoll ist, angesichts der angespannten Lage im europäischen Stromnetz zwei Atommeiler im Süden Deutschlands für einen potentiellen Notfall in Reserve zu halten. Das halte ich für vernünftig. Damit wird Vorsorge getroffen für ein Worst-Case-Szenario und gleichzeitig die Laufzeit der Atomkraftwerke nicht verlängert.

Denn als für die nukleare Sicherheit zuständige Ministerin möchte ich dazu zweierlei klar und deutlich sagen: Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie. Für die Atombehörden in Bund und Ländern muss die nukleare Sicherheit oberste Priorität haben. Darauf müssen sich alle Menschen in Deutschland verlassen können. Der Beschluss zum Ende der Atomkraftnutzung in Deutschland wurde hier im Deutschen Bundestag auch mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gefasst – nach einem gefährlichen Zick-Zack-Kurs in dieser Frage. Damit wurde ein jahrzehntelanger gesellschaftlicher Großkonflikt beendet. Wer jetzt aber einsteigt in eine Diskussion um Laufzeitverlängerungen und damit in Wahrheit über den Wiedereinstieg in die Atomenergienutzung, der kündigt diesen großen Konsens auf. Und das, während wir voller Sorge auf ein Atomkraftwerk wenige Hundert Kilometer von uns entfernt schauen, das Gegenstand des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine wurde. Ich halte das für unverantwortlich. Noch dazu ringt unser Nachbarland Frankreich mit den massiven Problemen der Atomkraftnutzung, mit Sicherheitsproblemen bei den Reaktoren und fehlendem Kühlwasser und einer dadurch immens gefährdeten Stromversorgung. Wollen Sie Deutschland wirklich ernsthaft wieder in die Abhängigkeit von dieser Art der Energieversorgung führen? Wir wollen das ganz sicher nicht und deshalb halten wir am Atomausstieg fest.

Eine Umweltkatastrophe schlimmsten Ausmaßes hat sich erst vor einigen Wochen eine Zugstunde von hier entfernt ereignet. Das Fischsterben in der Oder hat uns dramatisch vor Augen geführt, wie verhängnisvoll es ist, wenn ein Ökosystem ohnehin bereits geschwächt ist und dann Hitze, niedriger Wasserstand und gravierende Verschmutzung hinzukommen. Ich hoffe inständig, dass sich das Ökosystem Oder von den Folgen dieser Katastrophe so schnell wie möglich erholen kann und die Folgen für die Menschen, die am und vom Fluss leben, nicht zu groß sind. Im Umweltausschuss des Bundestages habe ich vorletzte Woche berichtet, was wir, was Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern in die Wege geleitet haben und weiterhin tun werden, um die Ursache dieser Katastrophe aufzuklären und den Schaden – so denn möglich – zu begrenzen. Wir brauchen aber darüber hinaus ein Umdenken im Umgang mit unseren Flüssen und Gewässern. Die verändern sich rapide und die Gefahren durch chemische Einleitungen und den Ausbau von Flüssen erhöhen sich. Gerade dieser Dürresommer zeigt, wie wichtig es ist, Wasser in der Landschaft zu halten und in den Städten zu speichern, uns auf die Folgen der Klimakrise vorzubereiten und Klimaschutz zu betreiben. Ich freue mich deshalb sehr, dass ich letzte Woche trotz der aktuellen Krisen das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz starten konnte, das bis 2026 mit vier Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds ausgestattet ist.

Denn der Natürliche Klimaschutz ermöglicht eine dreifache Dividende: für den Klimaschutz, für den Naturschutz und für die Anpassung an die Folgen der Klimakrise. Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer, naturnahe Grünflächen in der Stadt und auf dem Land binden Kohlendioxid aus der Atmosphäre und speichern es langfristig. Sie nehmen Hochwasser auf und sorgen bei Hitze für Abkühlung. Damit sichern sie unsere Lebensgrundlagen und unser Wirtschaften, gerade für die Landwirtschaft.

Wir bringen die verschiedenen Themen zusammen, so auch mit dem neuen Artenhilfsprogramm, das vor allem die vom Ausbau der Windkraft besonders betroffenen Arten schützen wird.

Die Haushaltsberatungen sind eine gute Gelegenheit, neben den akuten Herausforderungen auch bei den langfristigen Krisen schnell ins Handeln zu kommen. Der Entwurf ist dafür eine gute Grundlage. Ich freue mich auf die Beratungen und über eine breite Unterstützung.

06.09.2022 | Rede Ministerium
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