– Es gilt das gesprochene Wort! –
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vielen Dank, dass wir diese wichtige Debatte heute noch im Bundestag führen können. Und weil sich diese Woche auch die Ausschüsse konstituiert haben, sage ich denjenigen, die Mitglieder des betreffenden Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit sind, ganz herzlichen Glückwunsch und vor allen Dingen Herrn Vorsitzenden Beutin stellvertretend für alle Mitglieder: Auf gute Zusammenarbeit!
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir haben es mit einem hochrelevanten Problem zu tun – entgegen dem, was der Kollege der AfD gerade gesagt hat. Wenn der Rhein, die Elbe, die Donau, die Oder und viele andere Flüsse – das betrifft nicht die Spree; schauen Sie auf die Elbe, schauen Sie auf die Oder! – niedrige Wasserstände aufweisen, wenn die Natur leidet und die Trinkwassergewinnung schwieriger wird, wenn die Landwirte zum intensiven Wässern gezwungen sind – wir hatten die Debatte gerade –, kurzum: wenn genau das passiert, wovor Klimaforscher schon seit Jahren warnen, dann droht das, was wir jetzt wahrscheinlich bekommen werden: ein weiteres Dürrejahr.
Es ist nicht so, dass das Zufall wäre oder dem Durchschnitt entspräche. Nein, es ist wiederholt ein Dürrejahr, nachdem wir jetzt sicherlich zwei wasserreichere Jahre hatten. Aber die Jahre davor waren Dürrejahre. Wenn Sie das sehen, erkennen Sie, dass es sich nicht mehr um eine Ausnahme handelt, sondern um eine Regel. Und diese Regel müssen wir brechen.
Das hat Konsequenzen für die Wirtschaft, für die Landwirtschaft, für die Lieferketten und für die Energieversorgungssicherheit. Es sind übrigens nicht die Kraftwerke für erneuerbare Energien, die im Extremfall unter dem Wassermangel leiden, sondern die fossilen Kraftwerke und in einigen Ländern – ich schaue nach Frankreich – auch die Atomkraftwerke, auf deren Stromproduktion wir zum Glück hier in Deutschland nicht mehr angewiesen sind. Ich habe es bereits in meiner Regierungserklärung gesagt: Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist unsere Sicherheit, und alles, was unsere Lebensgrundlagen gefährdet, gefährdet auch unsere Sicherheit in Deutschland. Unser Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel.
Ich komme gerade aus Warschau zurück, wo ich meine polnische Amtskollegin gestern getroffen habe. Ich erinnere mich noch an das schlimme Fischsterben in der Oder 2022. Damals waren es auch niedrige Wasserstände und hohe Temperaturen, die das durch die Einleitung von Abwässern aus den Kohlegebieten verursachte Algenwachstum begünstigt haben. Wir haben deshalb eine gute und enge Abstimmung im Umwelt- und Naturschutz vereinbart, und ich weiß mich sicher, dass Sie als Parlament dies auch unterstützen. Denn beides, Umwelt- und Naturschutz, macht nicht an Ländergrenzen halt. Die polnische Regierung hat mir versichert, dass der Nationalpark Unteres Odertal auf der polnischen Seite zu einem Naturschutzgebiet wird. In den nächsten Tagen werden die lokalen Entscheidungen dazu getroffen. Das ist ein wichtiges Signal von Polen aus in diese wichtige Region.
Die aktuellen Niedrigwasserstände in den Flüssen sind nicht per se außergewöhnlich oder dramatisch. Ungewöhnlich und besorgniserregend ist der Wassermangel in den Flüssen so früh im Jahr. Die Ursachen dafür liegen darin, dass wir seit Monaten eine besonders niederschlagsarme Zeit haben, und auch für die kommenden Tage und Wochen sind kaum nennenswerte Niederschläge vorhergesagt. Wir müssen deshalb davon ausgehen und uns darauf einstellen, dass sich diese Probleme verschärfen werden.
Wenn uns in Deutschland also das vierte Dürrejahr seit 2018 droht, dann lässt sich das nicht mehr als statistische Ausnahme abtun. Wir erleben hier die Folgen des weltweiten Klimawandels. Dazu kommen Fehlentwicklungen in der Wirtschaft und der Landwirtschaft. Es ist jetzt unsere gemeinsame Verantwortung als Regierung und als Parlament, diese Fehlentwicklungen zu korrigieren und die Probleme zu lösen.
Zu den Lösungen gehört eine aktive und ambitionierte Klimaschutzpolitik. Wir haben uns als Bundesregierung zu den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen ausdrücklich bekannt. Das ist ein wichtiges Signal angesichts des zehnjährigen Jubiläums des Pariser Klimaschutzabkommens.
Unsere Klimaschutzpolitik werden wir weiterentwickeln. Das wird mit dem Klimaschutzprogramm 2025 geschehen, das die Bundesregierung erarbeiten und verabschieden wird. Die Vorarbeiten dazu haben in meinem Hause bereits begonnen.
Wir haben das bereits erwähnte Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen helfen wir der Natur, damit sie uns beim Klimaschutz als Treibhausgassenke helfen kann, und auch, damit sie uns als Wasserspeicher in Dürrezeiten unterstützt.
Auf EU-Ebene konnte die Wiederherstellungsverordnung beschlossen werden. Ich war vorige Woche bei den Landesumweltministern und wurde dort in der Umsetzung des gemeinsamen Plans gestärkt, insbesondere auch was das Datenmonitoring über die Wiederherstellung betrifft. Das ist ein wichtiges Instrument, mit dem die Natur geschützt, gestärkt und wiederhergestellt werden kann.
Falls sich mancher fragt, ob das wirklich notwendig ist: Wir sehen gerade jetzt, dass die Natur zu geschwächt ist, um die menschengemachten Eingriffe selbst ausgleichen zu können. Wir können also gemeinsam etwas tun, damit unsere Natur nicht noch stärker unter Druck gerät, indem wir die Wiederherstellungsverordnung umsetzen, zum Beispiel keine weiteren Böden versiegeln, indem wir den Flüssen ihren natürlichen Lauf lassen oder wiedergeben und indem wir Moore wiedervernässen und Wälder klimafest machen.
Ich will hier mit Blick auf die aktuelle Situation aber auch ganz klar sagen: Der Kampf um die Begrenzung des Klimawandels ist das eine. Das andere ist, dass unsere Anstrengungen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels nochmals deutlich verstärkt werden müssen. Viele Städte haben bereits Erfahrungen mit Anpassungsmaßnahmen gemacht und auch mit unserer Unterstützung entsprechende Anpassungskonzepte entwickelt. Daran können wir anknüpfen. Auf dem Land geht es insbesondere darum, das Wasser länger in der Landschaft zu halten. Und weil wir ein Industrieland sind und bleiben wollen, müssen wir bei allem Umwelt und Wirtschaft zusammendenken.
Ich will an dieser Stelle auch die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen nennen. Mit ihnen gelingt es uns, in den nächsten vier Jahren zusätzliche Maßnahmen zum Erhalt und zum Schutz einer gesunden Umwelt zu finanzieren und gleichzeitig der Wirtschaft beim Umstieg auf umweltfreundliche Technologien zu helfen.
Atomenergie ist im Übrigen kein echter Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Deutschland hat sich aus guten Gründen für ein Energiesystem ohne Atomenergie entschieden. Wir respektieren, dass andere Mitgliedsstaaten Atomenergie nutzen, solange von diesen Anlagen keine Gefährdung für die deutsche Bevölkerung ausgeht. Eine Finanzierung von Atomanlagen aus Mitteln der EU wird von Deutschland allerdings abgelehnt, genauso wie der Versuch, Atomstrom mit nachhaltiger Stromerzeugung aus Erneuerbaren gleichzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachhaltiges Wirtschaften und Klima- und Umweltschutz sind keine Widersprüche. In unserem Interesse und im Interesse unserer Kinder sind sie zwei Seiten derselben Medaille. Das ist mein Auftrag als Umweltminister. Niemand will die aktuelle Dürre aussitzen, wie es die Überschrift dieser Aktuellen Stunde unterstellt. Ich möchte vielmehr meine Einladung zur Zusammenarbeit erneuern, damit wir gemeinsam unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen und sichern können.
Vielen Dank.