Steffi Lemke will sich für gutes Verhältnis zwischen Dessau und Umweltbundesamt einsetzen

25.02.2022
Steffi Lemke
Bundesumweltministerin Steffi Lemke sprach im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) über Verbraucherschutz, Maßnahmen zur Klimaanpassung und das Umweltbundesamt.

MZ: Am Freitag besuchen Sie das UBA. Was besprechen Sie da? Und kommen Sie mit dem Zug oder dem E-Auto?

Steffi Lemke: Ich reise normalerweise zwischen Dessau und Berlin mit dem Zug. Manchmal lässt das die Terminlage aber nicht anders zu. Dann muss ich das E-Auto des Ministeriums nehmen.

Was steht auf Ihrer Liste in Dessau?

Mein Antrittsbesuch beim Umweltbundesamt. Ich war natürlich schon zigmal im UBA. Aber jetzt geht es darum, als Bundesumweltministerin das Amt, seine Beschäftigten und das Arbeitsprogramm im Detail kennenzulernen.

Viele Dessauer beklagen, dass man als Einheimischer vom UBA gar nicht so recht viel mitbekommt. Profitiert die Stadt genug von dieser Behörde?

Dessau profitiert sehr stark vom UBA, auch wenn es als Bundesbehörde im Lokalen nicht automatisch vorkommt. Daher sind mir die Kooperationsprojekte zwischen UBA und Dessau sehr wichtig. Ich denke da zum Beispiel an die Zukunftsreise, die Klimawette und das Neue Europäische Bauhaus. Als Ministerin, die von hier kommt, setze ich mich gern für ein gutes Verhältnis von UBA und Dessau ein.

Sie pendeln zwischen Dessau und Berlin. Wie kann man sich das vorstellen?

Es hängt von den Terminen ab. Aber häufig bin ich am Wochenende in Dessau. Die Familie will ja auch etwas von mir haben.

Wenn Sie in Dessau sind, trifft man Sie häufig im Paddelboot auf der Elbe. Sehen Sie von dort aus die Folgen der Klimaveränderung?

Auf jeden Fall. Durch die Dürren der vergangenen Sommer hat sich die Vegetation drastisch verändert. Ich erinnere mich gut, als man die Elbe fast zu Fuß durchqueren konnte. Und selbstverständlich bleiben die Flutkatastrophe von 2021 sowie die beiden so genannten "Jahrhunderthochwasser" von 2002 und 2013 an der Elbe schmerzlich in Erinnerung.

Wie stehen Sie zu einer Vertiefung der Elbe, so dass irgendwann einmal große Containerschiffe bis Dresden fahren könnten?

Diese riesengroßen Schiffe können und werden bei uns nicht fahren. Das Wasser ist einfach nicht da. Die Bundesregierung schließt den Bau von Staustufen in der Elbe in Deutschland aus. Wir haben schon jetzt ein Spannungsfeld zwischen Binnenschifffahrt und Schutz des Flusses. Die Elbe tieft sich in einigen Bereichen ein, weil sie durch Buhnen künstlich eingeengt wird und die Strömung sich verstärkt. Das wirkt sich negativ auf die Tiere und Pflanzen im Fluss aus.

Wollen Sie Binnenschifffahrt verbieten und Buhnen abreißen?

Ich möchte, dass wir die Problematik der Eintiefung endlich in den Griff kriegen. Andernfalls könnte sogar das Dessau-Wörlitzer Gartenreich darunter leiden. Das wäre ein großer Schaden für die Region.

Wie kann sich Dessau sonst noch auf den Klimawandel vorbereiten?

Wir sollten in Dessau noch stärker auf erneuerbare Energien setzen. Ich kann mir zum Beispiel noch mehr Photovoltaikanlagen und Dachbegrünungen auf den Dächern von Schulen, Bürogebäuden und Supermärkten vorstellen. Wie sich Dessau gegen Hitze oder Starkregen wappnen soll, wissen die Fachleute vor Ort am besten. Daher unterstützt das Bundesumweltministerium Städte und Gemeinden bei ihrer Klimaanpassung mit Expertenberatung oder Förderung für Projekte und den Einsatz lokaler Anpassungsmanager und -managerinnen.

Frau Lemke, in Ihrem Ministerium ist neuerdings auch der Verbraucherschutz angesiedelt. Welche ist die größte Gefahr, vor der Sie Verbraucher schützen wollen?

Aktuell brauchen die Stromkundinnen und -kunden unsere Unterstützung. Angesichts steigender Preise haben einige Billigstromanbieter kurzfristig die Lieferung eingestellt oder Stromverträge gekündigt. Die Verbraucherzentralen prüfen, ob dieses Verhalten womöglich unrechtmäßig war. Viele Betroffene sind doppelt gestraft, weil sie nach der plötzlichen Kündigung in die Ersatzversorgung fallen und nun sehr viel mehr von dem zahlen sollen, was den Bestandskunden der Grundversorger berechnet wird. Das ist in dem Ausmaß nicht hinnehmbar. Daher treiben wir in der Bundesregierung eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes voran, um solche Auswüchse abzustellen.

Wie soll das genau aussehen?

Die Novelle soll solche kurzfristigen Kündigungen ohne Vorabinformation unterbinden. Außerdem wollen wir regeln, wie die Tarife in der Ersatzversorgung gestaltet werden dürfen.

Was haben Sie noch vor?

Mir ist der digitale Verbraucherschutz sehr wichtig. Neben verbraucherfreundlichen Bedingungen beim Einkauf im Netz will ich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher gut und schnell Zugang zu unabhängigen Informationen kriegen. Zum Beispiel von Verbraucherorganisationen, die wirksam sensibilisieren und über Rechte aufklären. Stiftung Warentest leistet sehr gute Arbeit, wenn es um Qualitätstests für Produkte geht, mit deren Hilfe Kaufentscheidungen leichter werden.

Will der Staat mehr Mitspracherecht in der Stiftung Warentest haben?

Der Staat hat kein Mitspracherecht bei der Stiftung Warentest, und das ist gut so. Stiftung Warentest soll auch weiterhin ohne staatlichen Einfluss auf ihre unternehmerische oder publizistische Tätigkeit arbeiten. Dank ihrer erfolgreichen Arbeit ist die Stiftung heute finanziell unabhängig und benötigt kaum noch staatliche Unterstützung. Dass die Zuschüsse weiter sinken, ist ein klarer Erfolg der Stiftung.

Noch mal zum Thema Strom. Mit Ihrem Kollegen Robert Habeck haben Sie gegen die Atomenergie und ihre steuerliche Begünstigung getrommelt. Was ist stattdessen Ihr Ziel für eine umweltfreundliche, bezahlbare und verlässliche Energiegewinnung?

Deutschland wird zum 31. Dezember dieses Jahres aus der Atomkraft aussteigen. Das ist ein parteiübergreifender Konsens, der jetzt endlich Realität wird. Die neue Bundesregierung wird die erneuerbaren Energien und die Speichertechnik in Deutschland massiv ausbauen. Das ist gut für den Klimaschutz und macht uns unabhängiger von fossilen Energiemärkten.

Aber wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, würde Deutschland Kohlestrom aus Osteuropa oder Atomstrom aus Frankreich kaufen müssen. Oder schließen Sie das aus?

Auch beim Kohleausstieg ist sich Deutschland einig, das ist beschlossene Sache. Der europäische Stromverbund sorgt für Stabilität bei uns, aber auch in Frankreich. Dort sind derzeit etliche Meiler nicht am Netz, und Frankreich ist auf Stromimporte angewiesen. Atomstrom führt also nicht zwingend zu mehr Versorgungssicherheit.

© Mitteldeutsche Zeitung 

25.02.2022 | Medienbeitrag Klimaschutz | Mitteldeutsche Zeitung
https://www.bmuv.de/IV9991
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.