Rede von Steffi Lemke zur Veranstaltung "50 Jahre Nationalparke in Deutschland – Ein Gewinn für Mensch und Natur"

18.04.2023
Bundesministerin Steffi Lemke
Zum 50-jährigen Bestehens des ersten deutschen Nationalparks hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke eine Rede zum Thema Nationale Naturlandschaften – wichtiges Bündnis für den Schutz unserer Natur gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Südbeck,
Frau Neff,
Herr Dr. Leibl,
Abgeordnete des Bundestags,
Damen und Herren,

herzlichen Dank für die Einladung zu dieser Veranstaltung. Ich freue mich sehr, gemeinsam mit Ihnen dieses besondere Jubiläum zu begehen.

Vor über 50 Jahren wurde der Nationalpark Bayerischer Wald gegründet – der erste von inzwischen 16 Nationalparken in Deutschland. Zuletzt kam 2015 der Nationalpark Hunsrück-Hochwald dazu. Was sich in den Jahrzehnten dazwischen entwickelte, können wir als große Erfolgsgeschichte für den Naturschutz bezeichnen. Von den Wattenmeer-Nationalparken im Norden bis zur Sächsischen Schweiz und den Alpen erstrecken sich die Nationalparke inzwischen auf einer Gesamtfläche von über 10.000 Quadratkilometern. Eine Fläche etwa halb so groß wie mein Heimatland Sachsen-Anhalt.

Einen wichtigen Beitrag zu diesem Erfolg leistete das Nationalparkprogramm, das in der Wendezeit in der ehemaligen DDR auf den Weg gebracht wurde.

Vor bald 33 Jahren beschloss der Ministerrat der damaligen DDR in seiner letzten Sitzung das Nationalparkprogramm der DDR. Damit nutzten die in der Wendezeit Verantwortlichen sozusagen in letzter Minute eine historische Chance: 14 Großgebiete wurden dauerhaft unter Schutz gestellt – etwa 4,5 Prozent der Landesfläche der DDR, das viel zitierte "Tafelsilber der deutschen Einheit".

Zu verdanken ist diese Entscheidung ganz besonders dem Engagement der Umwelt- und Naturschutzbewegung in der DDR – einem wichtigen, aber heute weniger bekannten Bestandteil der Bürgerrechtsbewegung. Stellvertretend seien hier nur der großartige Naturschützer und Biologe Michael Succow und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen genannt.

Das Nationalparkprogramm hat auch auf den Naturschutz in Westdeutschland einen entscheidenden Einfluss gehabt. Es bildete den Grundstein für ein System von Großschutzgebieten im wiedervereinigten Deutschland. Auf diese Weise sind weit über 100 Großschutzgebiete entstanden. Darunter befinden sich zahlreiche ehemalige Truppenübungsplätze, die mittlerweile Nationales Naturerbe genannt werden.

Mit der Entstehung der vielen neuen Schutzgebiete wurde klar, dass es zur besseren Kommunikation gemeinsamer Ziele und Werte einen einheitlichen Auftritt nach außen braucht. Auf diese Weise entstanden die "Nationalen Naturlandschaften" als Dachmarke.

Inzwischen arbeiten unter diesem Dach der "Verband Nationale Naturlandschaften" und der "Verband Deutscher Naturparke" eng zusammen. Das Bündnis der Großschutzgebiete umfasst Nationalparke, Biosphärenreservate, Naturparke und Wildnisgebiete. Der Verein "Nationale Naturlandschaften" verleiht ihnen eine starke gemeinsame Stimme.

Ich möchte heute noch einmal hervorheben, was Nationalparke und Großschutzgebiete so besonders macht: Ihre Bedeutung für den Artenschutz, ihr Wert für die Menschen in den Regionen vor Ort und nicht zuletzt ihr Beitrag zum natürlichen Klimaschutz.

Zu meinem ersten Punkt: Nationalparke bieten zahlreichen seltenen oder gefährdeten Tier- und Pflanzenarten großflächige Lebensräume. Räume, die es in unserer intensiv genutzten Landschaft sonst nicht mehr gibt. Wildkatze, Luchs oder Schwarzstorch, um nur einige bekanntere zu nennen, teilen das Schicksal unzähliger Arten weltweit: Trotz Gegenmaßnahmen schwindet die biologische Vielfalt überall auf der Erde in dramatischem Ausmaß das Artenaussterben schreitet ungebremst voran. Nationalparke erhalten hingegen den Reichtum unserer verschiedensten Ökosysteme.

Die Einrichtung von Nationalparken und anderen Großschutzgebieten dient dabei auch der Umsetzung unserer internationalen Zusagen, insbesondere der globalen Vereinbarung für die Natur, die wir im Dezember auf der Weltnaturkonferenz in Montreal verabschiedet haben.

Damit hat die internationale Staatengemeinschaft eine Trendwende hin zur Wiederherstellung der Natur beschlossen. Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der weltweiten Landes- und Meeresfläche unter Schutz gestellt und 30 Prozent der geschädigten Ökosysteme renaturiert werden.

Mir ist sehr wichtig, dass wir das Abkommen von Montreal in Deutschland ambitioniert umsetzen. Ebenso wie die EU-Biodiversitätsstrategie, nach der bis 2030 zehn Prozent der europäischen Landes- und Meeresfläche unter strengen Schutz gestellt werden sollen.

Mit Bezug auf die Nationalparke heißt das für uns, zu prüfen: Wie können wir unser Gebietsnetz stärken? Sind die Gebiete gut genug untereinander vernetzt? Denn nur dann können sie Lebensräumen und Arten die nötigen Anpassungsmöglichkeiten an die Folgen der Klimakrise bieten. Ein Beispiel für diese Folgen haben wir in den Dürreschäden der bislang robust geglaubten Buchenwälder in den letzten Jahren gesehen.

Ziel unserer nationalen Biodiversitätsstrategie ist es, dass sich die Natur bis 2030 auf mindestens zwei Prozent der Fläche Deutschlands wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln kann. Um das zu erreichen, sind noch einige Anstrengungen nötig. Wir stehen dazu in einer sehr konstruktiven Abstimmung mit den Bundesländern, wo noch Verbesserungen möglich sind, um die gesetzten Schutzgebietsziele zu erreichen.  

Nationalparke genießen in Deutschland ein hohes Ansehen. Es spielt dabei eine wichtige Rolle, dass die Menschen vor Ort stolz auf ihr Naturerbe sind. Sie haben außerdem erkannt, dass in Nationalparken Entwicklungschancen liegen. Denn Naturschönheit und Naturerlebnisse sind ein wichtiger Faktor für den Tourismus. So können Nationalparke eine hohe Wertschöpfung für die Regionen bringen.

Flächen wie Nationalparke, in denen sich die Natur dauerhaft nach eigenen Regeln entwickeln kann, wirken außerdem als natürliche Klimaschützer.

Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer binden Kohlendioxid aus der Atmosphäre und speichern es langfristig. Sie können außerdem als Puffer gegen Folgen der Klimakrise wirken, indem sie Hochwasser aufnehmen und bei Hitze für Abkühlung sorgen.

Das brauchen wir heute mehr denn je, denn die Klimakrise ist längst auch in Deutschland angekommen. Die extremen Wetterereignisse der letzten Jahre haben das deutlich gezeigt. Um der doppelten Umweltkrise aus Erderhitzung und Artenaussterben gezielt entgegenzuwirken, müssen wir Natur- und Klimaschutz stärker zusammenführen.

Hier setzt das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz an, das wir Ende März im Kabinett beschlossen haben. Ziel ist es, Ökosysteme zu schützen, zu stärken und wiederherzustellen, damit sie natürliche Klimaschützer bleiben können. Bis 2026 wird das Bundesumweltministerium dafür vier Milliarden Euro bereitstellen. Das ist ein Quantensprung für den Naturschutz.

Nationalparke und andere Schutzgebiete werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Als Teil des Aktionsprogramms planen wir unter anderem, weitere Wildnisflächen zu sichern und den natürlichen Klimaschutz in das Gebietsmanagement von Schutzgebieten zu integrieren.

Das Artenaussterben und die Klimakrise stellen uns vor enorme Herausforderungen. Das macht die Arbeit in den Schutzgebieten wichtiger denn je.

Die Politik muss die richtigen Weichen stellen. Aber ohne die Menschen vor Ort, die das Thema zu ihrer eigenen Sache machen, kann Naturschutz nicht erfolgreich sein. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Arbeit und wünsche den Nationalen Naturlandschaften, dass sie sich weiter erfolgreich entwickeln.

18.04.2023 | Rede Naturschutz
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