Rede von Steffi Lemke am Biodiversity Day auf der Weltklimakonferenz COP 27

16.11.2022
Steffi Lemke anlässlich der Pressekonferenz vom 16. November 2022 am Biodiversity Day auf der Weltklimakonferenz COP27 in Sharm El-Sheikh
Steffi Lemke, die CBD-Generalsekretärin Elizabeth Maruma Mrema und die Indigenenvertreterin Joan Carling haben auf der COP 27 vorstellt, wie eine Brücke von der Klimakonferenz zur Biodiversitätskonferenz gebaut werden kann.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herzlich Willkommen im Deutschen Pavillon auf der Weltklimakonferenz in Sharm El-Sheikh und ein Gruß an die heimischen Zuschauerinnen und Zuschauer, die unsere Pressekonferenz im Livestream verfolgen.

Elizabeth Maruma Mrema und Joan Carling danke ich sehr, dass sie am heutigen Biodiversity Day zu uns gekommen sind.

Bei der COP 27 und gerade heute, am Biodiversitätstag, brauchen wir ein klares Bekenntnis: die Ziele des Übereinkommens von Paris erreichen wir nur mit gesunden Ökosystemen und ihrem Beitrag zum Klimaschutz.

Die drei planetaren Krisen von Verschmutzung, Artenaussterben und Klimawandel hängen miteinander zusammen und müssen deshalb zusammen gedacht und gelöst werden. Das heißt, dass die Ergebnisse in Ägypten auch eine Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen in Kanada sein werden, wo wir das neue Rahmenwerk für die biologische Vielfalt verhandeln und beschließen möchten.

Der Natürliche Klimaschutz, die Nature based Solutions, schaffen Synergien zwischen dem Erhalt der biologischen Vielfalt und dem Klimaschutz und müssen daher Einzug in die Debatten bei der COP 27 finden. Und nicht nur das: Ich wünsche mir auch einen Einzug der NbS in die Abschlusserklärung, aufbauend auf der guten Sprache des Glasgow Climate Pacts.

Bei dieser Klimakonferenz müssen wir eine Brücke zur Biodiversitätskonferenz schlagen. Das ist wichtig, denn nach der COP wird vor der COP sein.

Der globale Rahmen, der auf der CBD COP 15 verhandelt wird, muss einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Konkret heißt das:

  • Eine großflächige Wiederherstellung degradierter Ökosysteme auf mindestens 3 Milliarden Hektar der Land- und Meeresfläche;
  • wirksamer und effektiver Schutz von mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen für resiliente Ökosysteme
  • und nicht zuletzt eine breitenwirksame Umsetzung von naturbasierten Lösungen.

Die ägyptische COP-Präsidentschaft und die International Union for Conservation of Nature (IUCN) werden am heutigen Biodiversitätstag die globale Initiative zu naturbasierten Lösungen "ENACT" ins Leben rufen. Deutschland unterstützt diese Initiative und tritt ihr daher als Partner bei, übernimmt den Ko-Vorsitz und wirbt für eine breite Unterstützung, um die miteinander verbundenen und voneinander abhängigen Krisen des Verlusts der biologischen Vielfalt, der Bodendegradation und des Klimawandels zu bewältigen und darüber hinaus eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen.

Ich freue mich darauf, heute Mittag bei einem Launch Event die ENACT-Initiative gemeinsam mit meiner ägyptischen Amtskollegin Yasmine Fouad und weiteren engagierten Partnern für den Natürlichen Klimaschutz vorzustellen.

Die Ambitionen der Initiative spiegeln unser Engagement für Natürlichen Klimaschutz in Deutschland wider. Die Fachleute meines Hauses entwickeln derzeit das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Das Programm wird Maßnahmen und Projekte unterstützen, die den Zustand der Ökosysteme in Deutschland deutlich verbessern und ihre Klimaschutzleistung stärken werden.

Bis 2026 werden wir dafür insgesamt vier Milliarden Euro bereitstellen. Damit bringen wir die nationale Umsetzung voran und sind somit glaubwürdige Partner und Impulsgeber für andere Länder. Auch die Europäische Union setzt sich mit der neuen LULUCF-Verordnung für ambitionierte Ziele beim Natürlichen Klimaschutz ein und steigert damit ihre Ambitionen des EU Green Deals auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050.

Die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 ist ein weiteres Schlüsselelement des Green Deals, für die mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr investiert werden. Zu ihren wichtigsten Zielen gehören unter anderem:

  • der Schutz von 30 Prozent der Landflächen und Meere
  • die Reduzierung des Pestizideinsatzes um 50 Prozent
  • die Wiederherstellung von 25.000 Kilometern Flüssen und
  • das Pflanzen von 3 Milliarden zusätzlichen Bäumen.

Ein konkretes Handlungsfeld unseres nationalen Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz ist die Verbesserung des Zustands der deutschen Moore und Moorböden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter Moorböden, um die jährlichen CO2-Emissionen bis 2030 um 5 Millionen Tonnen zu reduzieren.

International verpflichten wir uns im Rahmen der Internationale Klimaschutz Initiative (IKI), unsere Partner bei ihren Bemühungen um den Schutz der biologischen Vielfalt, die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an seine aktuellen und zukünftigen Auswirkungen zu unterstützen.

Über die IKI finanzieren wir seit 2008 Projekte zur Förderung naturbasierter Lösungen in unseren Partnerländern, die dadurch zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel sowie zum Schutz der biologischen Vielfalt in den Partnerländern beitragen.

Eine entscheidende Rolle im Biodiversitäts- und Klimaschutz spielen indigene Völker und lokale Gemeinschaften. Deshalb freue ich mich auch, dass heute als engagierte indigene Vertreterin Joan Carling bei uns ist.

Wir unterstützen mit der IKI seit 2013 die Global ICCA Support Initiative. Im Rahmen dieser Initiative werden aktuell in 45 Ländern indigene und lokale Bevölkerungsgruppen bei der Bewahrung ihres traditionellen Lebensraums und der Biodiversität unterstützt. Wir werden die Global ICCA Support Initiative dieses Jahr mit weiteren finanziellen Mitteln fördern. Der Fokus soll dabei auf der Umsetzung des 30 Prozent-Ziels des neuen globalen Rahmens durch die Stärkung und Förderung von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften sowie ihres Wissens und ihrer Rechte liegen.

Im Rahmen unserer Federführung in der CBD setzen wir uns auch in entsprechenden Arbeitsgruppen der CBD sowie bei den GBF-Verhandlungen für die Belange von indigenen Völkern und lokalen Bevölkerungsgruppen ein. Die Beteiligung und Berücksichtigung dieser Belange ist für eine effektive Umsetzung des globalen Rahmens von essentieller Bedeutung.

Die COVID-19 Krise hat die Verflechtung verschiedener Sektoren sowie die Anfälligkeit unseres Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftssystems im Allgemeinen aufgezeigt.

Gleichzeitig wissen wir um die entscheidende Rolle von intakten und artenreichen Ökosystemen für das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen, wie zum Beispiel die regionalen Bewertungsberichte der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services zeigen. Investitionen in eine naturverträgliche Erholung (green recovery) haben nachweislich vielfältige Vorteile für die gesamte Gesellschaft. Um nur zwei zu nennen:

  • Jeder Dollar, der in die Wiederherstellung von Ökosystemen investiert wird, bringt laut Studien 7 - 30 Dollar ein, die in Form von verbesserten Ökosystemleistungen mehrfach genutzt werden.
  • Eine naturverträgliche Wirtschaft kann neue Arbeitsplätze schaffen, insbesondere in ländlichen Gebieten.

Wir können damit die bereits genannten Herausforderungen überwinden, wenn wir einen kohärenten und integrierten Ansatz für die globalen Agenden der nachhaltigen Entwicklung, des Klimas und der biologischen Vielfalt haben.

Fakt ist aber auch, dass der Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt allein nicht ausreichen werden, um unsere globalen Ziele zu erreichen und die dreifache globale Krise zu lösen, mit der wir heute konfrontiert sind. Aber es ist ein mächtiges Instrument, das für intakte Ökosysteme sorgt und die Grundlage für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der heutigen und zukünftigen Generationen sein wird.

16.11.2022 | Rede Klimaanpassung | Sharm el-Sheikh (Ägypten)

Meldungen zum Thema

https://www.bmuv.de/RE10348
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.