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Warenvernichtung

Warum vernichten Hersteller und Händler Waren?

Viele Waren werden nur in einem begrenzten Zeitraum verkauft. Das betrifft nicht nur Lebensmittel mit Verfalls- oder Mindesthaltbarkeitsdatum. Viele Produkte richten sich nach der Jahreszeit, der Saison oder Mode. Besonders technische Produkte entwickeln sich stets weiter, so dass ältere Modelle nicht mehr verkauft werden können. So entsteht Warenüberhang: Es gibt mehr Waren als Kunden kaufen. Darüber hinaus geben Kundinnen und Kunden Waren als Retouren zurück.

Nicht nur die Lagerung übrig gebliebener Ware, sondern auch der Umgang mit ihr verursacht Kosten. So müssen Versandhändler Retouren annehmen, auspacken und genau prüfen, ob sie sauber und im einwandfreien Zustand sind, damit sie die Ware weiterverkaufen können. Um diesen Aufwand und die damit verbundenen Kosten zu sparen, ist es für Unternehmen kurzfristig günstiger, die Ware zu entsorgen oder zu vernichten.

Stand: 03.03.2023

Warum ist die Vernichtung von Waren problematisch?

Die Menschheit verbraucht immer mehr Ressourcen, obwohl diese auf der Welt endlich sind. Um einen Mangel an Ressourcen für zukünftige Generationen zu vermeiden, müssen wir die vorhandenen Ressourcen schonend einsetzen, eingesetzte Ressourcen insbesondere wiederverwenden und recyclen sowie die Verschmutzung der Umwelt mit aus den hergestellten Erzeugnissen entstandenem Müll vermeiden.

Stand: 03.03.2023

Welches Ausmaß hat das Problem der Warenvernichtung?

Weil nicht alle Waren erfasst und Unternehmen nicht flächendeckend kontrolliert werden können, gibt es nur wenige aussagekräftige Zahlen zur Warenvernichtung. 2019 hat die Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg eine Studie über Retouren veröffentlicht. Nach dieser werden knapp vier Prozent der Retouren vernichtet, das sind in Deutschland etwa 20 Millionen Produkte (Gründe sind neben defekten Retouren insbesondere Vorgaben der Marken- und Patentinhaber, die Umsatzsteuer bei Spenden und die geringen Kosten der Entsorgung).

Stand: 03.03.2023

Welche Gesetze gibt es gegen Warenvernichtung?

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) regelt in Paragraf 23 KrWG die Produktverantwortung von Herstellern und Händlern beziehungsweise Vertreibern. Nach Paragraf 23 Absatz 1 Satz 3 KrWG müssen Hersteller und Händler die so genannte "Obhutspflicht" einhalten, tragen also Sorge dafür, dass die Gebrauchstauglichkeit der bei ihnen befindlichen Waren erhalten bleibt und sie nicht zu Abfall werden. Die Obhutspflicht ist eine "latente" Grundpflicht, die die gesetzliche Richtung angibt und damit Vorwirkung für freiwillige Lösungen entfaltet. Soweit es um erzwingbare Rechtspflichten geht, muss die Obhutspflicht jedoch durch Rechtsverordnungen umgesetzt werden (siehe Paragraf 23 Absatz 4 KrWG). Dazu können nach Paragraf 24 Nr. 10 KrWG umfassende Handlungspflichten (etwa betreffend Betrieb- und Ablauforganisation oder Spendenpflicht et cetera) oder nach Paragraf 25 Absatz 1 Nr. 9 KrWG Transparenzpflichten geschaffen werden. Der Prototyp einer Transparenzverordnung wurde bereits durch das BMUV erarbeitet (siehe hierzu allerdings Problematik der Überlagerung durch Entwicklungen auf EU-Ebene weiter unten). Die Obhutspflicht gilt für Neuwaren, aber auch für Retouren und Überhänge. Deutschland ist das erste Land in der EU, das eine so umfassende Regelung wie die Obhutspflicht gesetzlich verankert hat.

Stand: 03.03.2023

Was müssen Versandhändler tun, um Warenvernichtung zu vermeiden?

Versandhändler müssen dafür sorgen, dass sie Waren sachgerecht lagern, rechtzeitig verkaufen, verpacken, transportieren und abliefern. Auch beim Rückversand müssen Verpackung und Transport die Ware im bestmöglichen Zustand halten. Der Versandhandel muss also auch dafür sorgen, dass seine Kundschaft die Ware schonend zurücksendet und dass er Retouren so behandelt, dass er sie weiterverkaufen kann.

Des Weiteren können Versandhändler die Ware noch viel besser beschreiben, so dass Kundinnen und Kunden besser erkennen können, ob sie die Produkte wirklich bestellen wollen. Auch können Produkte nach einer Aufbereitung oder Reparatur zum Beispiel als B-Ware wieder angeboten werden.

Stand: 03.03.2023

Wirkt die Obhutspflicht des Kreislaufwirtschaftsgesetzes?

Durch das eindeutige Signal des Gesetzgebers und den Dialog mit Unternehmen und Wirtschaftsverbänden haben viele Herstellervertriebe und Versandhändler ihren Umgang mit Retouren bereits umgestellt. Sie setzen unter anderem auf ein schonenderes Retouren-Management und das systematische Reparieren von Waren. Große Online-Shops appellieren auch verstärkt an ihre Kundschaft und setzen Teams ein, um die Gründe von Retouren zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.

Stand: 03.03.2023

Wer reagiert beim Verdacht auf Warenvernichtung?

Das BMUV arbeitet bei Verdachtsfällen von Warenvernichtung eng mit den Bundesländern zusammen. Diese sind für die Durchsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig und können mögliches Fehlverhalten kontrollieren und ahnden. Im konkreten Fall muss ein Verstoß nachgewiesen werden, etwa gegen Regelungen zur Abfallbeseitigung oder zum Recyclingvorrang. Schon das Anfordern einer Stellungnahme reduziert in vielen Fällen aber bereits die Warenvernichtung.

Das BMUV setzt sich dafür ein, dass alle Länder dabei einheitlich vorgehen und führte aus diesem Grund im November 2022 bereits eine Bund-Länder-Besprechung zum Thema Warenvernichtung durch. Es registriert auch Ausweichstrategien von Unternehmen, beispielsweise die Verlagerung der Warenvernichtung ins Ausland beziehuhngsweise auf andere Unternehmen. Hierbei ist das BMUV auch mit anderen Mitgliedstaaten der EU im engen Austausch. Diese Beobachtungen bringt das BMUV sowohl in das bundesweite Vorgehen wie auch die EU-weite Vermeidung von Warenvernichtung ein.

Stand: 03.03.2023

Was unternimmt die Europäische Union gegen Warenvernichtung?

Eine einheitliche EU-weite Regelung ist wirkungsvoller als eine rein nationale, um es Unternehmen schwieriger zu machen, die Vernichtung von Waren in andere Staaten zu verlagern, in denen bundesdeutsche Behörden nicht dagegen vorgehen können. Die EU-Kommission hat am 30. März 2022 einen Vorschlag für eine EU-Ökodesign-Verordnung ("EU-Regulation on Ecodesign for Sustainable Products" im Rahmen der "Sustainable Products Initiative" (SPI)) veröffentlicht. Die EU-Verordnung sieht in Artikel 20 im Zusammenhang mit der Vernichtung unverkaufter Ware Transparenzpflichten für alle Wirtschaftsteilnehmer vor und liefert zudem die Grundlage für ein Vernichtungsverbot unverkaufter Ware (notwendig ist hierfür der Erlass eines delegierten Rechtsakts durch die EU-Kommission, vergleiche Artikel 20 Absatz 3 des VO-Entwurfs). Die EU-Kommission hat sich dabei an den Vorstellungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des BMUV orientiert, was nachdrücklich zu begrüßen ist. Die Einleitung des EU-Rechtsetzungsverfahrens kann einem nationalen Verordnungsprojekt des BMUV wirksam entgegengehalten und Entwürfe der Mitgliedstaaten gestoppt werden. Das BMUV orientiert seine Arbeiten daher mittlerweile auf eine proaktive Mitwirkung auf EU-Ebene und setzt sich für eine anspruchsvolle unionsweite Regelung ein. Insbesondere plädiert das BMUV für die unmittelbare Verankerung eines Warenvernichtungsverbots, das nicht erst durch einen delegierten Rechtsakt der EU-Kommission zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft erlassen werden soll. Die Verhandlungen auf EU-Ebene sind angelaufen, werden aber einige Zeit in Anspruch nehmen.

Stand: 03.03.2023

Welche Maßnahmen ergreift das BMUV gegen Warenvernichtung?

Neben der Gesetzgebung hat das BMUV die Nationale Plattform für Ressourceneffizienz angestoßen. Auf ihr entwickeln eine Reihe an Ministerien zusammen mit Vertretern aus Wirtschaft und Naturschutz Lösungen zur Abfallvermeidung. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich speziell mit der Warenvernichtung und der Obhutspflicht von Herstellern und Händlern. Darüber hinaus ist in der Weiterentwicklung des Nationalen Programms zum nachhaltigen Konsum eine umfassendere Transparenzpflicht im E-Commerce geplant, um ein stärkeres Gewicht auf Nachhaltigkeitsaspekte beim Online-Shopping zu legen.

Stand: 03.03.2023

Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher Warenvernichtung verhindern?

Beim Online-Shopping können Kundinnen und Kunden sich für Waren entscheiden, die nicht die aktuelle Mode oder das neueste Modell sind – oftmals lässt sich so auch viel Geld sparen. Bei jedem Einkauf sollte die Frage aufkommen, ob Größe und andere Produkteigenschaften wirklich passen – oftmals werden Größenverhältnisse und Farben auf Bildschirmen ungenau dargestellt. Im Zweifelsfall hilft der Kundenservice des Online-Händlers. Auch ein genauer Blick vor dem Kauf hilft: Manchmal landen eine größere Anzahl eines Produkts ungewollt im Warenkorb. Für Waren, die man gern an- und ausprobiert – vor allem Kleidung – sind Ladengeschäfte eine gute Alternative. So entfällt auch der Zeitaufwand für eine Retoure, die im Schnitt 32 Minuten kostet.

Stand: 03.03.2023