– Es gilt das gesprochene Wort –
Werter, geschätzter Präsident Ramelow!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Die Bereiche Klimaschutz, Naturschutz und Umwelt sind seit Beginn der Übernahme durch diese Bundesregierung wieder in einem Haus vereint, nämlich in dem Ministerium, das ich als Minister vertreten und führen darf. Ich darf mich ganz herzlich bedanken bei der bisherigen Ministerin Steffi Lemke für die Amtsübergabe. Ebenso danke ich dem ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretär Gesenhues. Diese Amtsübergabe entsprach nicht nur einer demokratischen Gepflogenheit, sondern sie war auch von einer freundschaftlichen Verbindung geprägt. Ich übernehme ein gut geführtes Haus mit exzellenten Mitarbeitern, die hoch motiviert sind. Dafür ganz, ganz herzlichen Dank.
Wir haben als Koalition im Koalitionsvertrag festgehalten, dass die Menschen in Deutschland in der Stadt und auf dem Land gleichwertige Lebensverhältnisse und damit ausdrücklich auch eine intakte Natur und Umwelt erwarten. Ich möchte deshalb den Umwelt-, Klima- und Naturschutz wieder ins Zentrum des gesellschaftlichen Interesses rücken. Wenn man mit den Leuten spricht, herrscht eigentlich eine große Einigkeit. Alle wollen saubere Flüsse, alle wollen saubere Luft und gesunde Wälder, egal ob bei mir zu Hause im Thüringer Wald, an der Ostsee oder im Schwarzwald; denn Natur verbindet und macht mit ihrer Schönheit und Vielfalt Menschen glücklich.
Die meisten Menschen sehen jedoch, dass beim Klima etwas aus dem Ruder läuft. Was derzeit auf den ersten Blick hier im nordostdeutschen Raum vor allen Dingen schönes Wetter und Sonnenschein ist, bedeutet zugleich eine große Trockenheit in vielen Teilen Deutschlands. Nach den Dürrejahren 2018, 2019 und 2022 erleben wir gerade eine erneute Belastung für die Tier- und Pflanzenwelt, für unsere ohnehin schon geschwächten Wälder und natürlich auch für die Landwirtschaft. Das zeigt, dass wir dringend die von uns als Bundestag, als Europäische Union und auch als Weltgemeinschaft gesteckten Klimaziele einhalten müssen. Und ich bin dem Bundeskanzler dankbar, dass er das gestern in seiner Regierungserklärung erklärt und bekräftigt hat.
Über den Weg werden wir noch streiten. Wenn ich hier die Leitlinie meiner Politik skizziere, dann ist mir – erstens – eines besonders wichtig: Ich will die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen, hier im Parlament, aber auch in der Gesellschaft; denn zusammen mit der großen Mehrheit unserer Gesellschaft, mit der Bevölkerung, die in diesem Lande lebt, wollen wir die Natur und die Umwelt schützen. Ich möchte den Austausch hier im Parlament, aber natürlich auch mit Umwelt- und Industrieverbänden, Gewerkschaften, Landwirtschaftsvertretern, Verbraucherschützern, Kirchen, die sich engagiert für die Belange der Umwelt einsetzen, intensiv führen.
Umwelt-, Klima- und Naturschutz brauchen eine lange Linie, brauchen Kontinuität. Das ist mein zweiter Punkt. Als man Ende der 80er-Jahre von Erfurt, wo ich gebürtig herstamme, mit dem Trabbi nach Leipzig oder Berlin gefahren ist und am Chemiedreieck bei Bitterfeld vorbeigekommen ist, da konnte man damals – die Betonung liegt auf "damals" – die Umweltbelastung riechen. Man konnte sie sehen: Es gab verdreckte Flüsse und giftige Luft. Und wenn es einen überragenden Erfolg der Wiedervereinigung gibt, dann ist der in der Umweltpolitik zu sehen. Unsere Natur, unsere Wälder, unsere Flüsse sind wieder sauber. Wir haben die Natur zurückerobert, und das mit wirtschaftlichem Wachstum; denn das erwähnte Chemiedreieck in Leuna ist heute mit fast der gleichen Anzahl von Beschäftigten hocheffizient. Das zeigt, dass wirtschaftliches Wachstum und nachhaltige Industriepolitik mit Umweltschutz einhergehen können.
Die Natur im Osten hat sich erholt. Ich will hier – aufgrund meiner früheren Verwendung als Ostbeauftragter sei mir das gestattet – noch ein Beispiel nennen, wo mit einer mutigen Entscheidung in kürzester Zeit einiges erreicht wurde, nämlich das Nationalparkprogramm, bei dem die Naturschützer um Professor Michael Succow innerhalb kürzester Zeit eine Vision verwirklicht haben, vom Nationalpark Königsstuhl auf Rügen bis zum Biosphärenreservat Rhön in meiner Heimat.
Natur und Umwelt sind die Grundlage für eine erfolgreiche Wirtschaft; ich erwähnte das. Ich werde allerdings besonders auch die soziale Frage im Blick behalten. Das ist in der Vergangenheit – man sieht es an der Polarisierung der Gesellschaft – nicht immer gut gelungen. Das ist mein dritter Punkt. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass Preissprünge beim CO₂-Preis für Verbraucherinnen und Verbraucher und für Unternehmen vermieden werden sollen. Die CO₂-Einnahmen sollen zurückgegeben werden, um Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen bei der Transformation zu unterstützen. Dafür werden wir auch die Mittel des europäischen Klimafonds nutzen.
Ich will mich an dieser Stelle bei den Abgeordneten des letzten Deutschen Bundestages bedanken, die uns mit dem Sondervermögen, aber insbesondere mit der auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und mit Zustimmung aller anderen wesentlichen Parteien hier im Bundestag beschlossenen Festlegung von 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz einen großen Gefallen getan haben, um Klima- und Umweltschutz und Wirtschaftswachstum zusammenzudenken und nach vorn zu bringen. Ich möchte gemeinsam mit Ihnen diese Mittel nutzen, um dieses Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft sozial gerecht zu organisieren. Ich bedanke mich ganz herzlich bei denen, die damals dabei waren. Es wird ein wichtiger Punkt für diese Legislatur.
Viertens. Umwelt und Natur sind Teil unserer Sicherheit. Das Weltwirtschaftsforum in Davos, die NATO und unsere eigenen Sicherheitsdienste sehen im Klimawandel und im Verlust der Biodiversität enorme Sicherheitsrisiken. Unser Sicherheitsbegriff war in der Vergangenheit zu sehr rein auf das Militärische reduziert. Heute sehen wir: Eine sichere Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln, eine klimaresiliente Infrastruktur und die Energieversorgung sind ebenfalls Teile unserer Sicherheit und müssen ganz besonders geschützt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe heute Morgen das Gutachten des Expertenrates für Klimafragen entgegengenommen. Ich bin mir sicher, wir werden es hier im Parlament auch noch an geeigneter Stelle diskutieren. Es zeigt, dass wir bei der Erreichung unserer Klimaschutzziele insgesamt auf Zielkurs sind. Das ist gut, und dafür danke ich auch Robert Habeck, meinem Vorgänger im Amt des Klimaschutzministers. Der Befund zeigt aber auch, dass beim Verkehr, im Bausektor und bei der Landnutzung Defizite bestehen, auch in der Erfüllung europäischer Klimaschutzvorgaben. Das müssen wir gemeinsam in Ordnung bringen; das ist unsere Aufgabe. Ich werde mich deshalb sofort an die Arbeit machen und das Klimaschutzprogramm 2025 voranbringen, das bis Ende dieses Jahres verabschiedet sein muss.
Beim Naturschutz hat die Vorgängerregierung mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ein wichtiges Instrument geschaffen; dafür auch noch mal herzlichen Dank an Steffi Lemke und die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss und im Fachausschuss. Wir werden das ANK fortführen und auch mehr Geschwindigkeit bei der Umsetzung erreichen.
Schlussendlich möchte ich unsere europäische und internationale Verantwortung betonen. Gerade der aktuelle Ausfall der USA unter der Trump-Administration ist ein Unglück für den weltweiten Schutz der Lebensgrundlagen. Mir ist wichtig, dass sich Deutschland engagiert und Führungsverantwortung übernimmt. Mir ist außerdem eine gute Zusammenarbeit mit der EU, mit unseren Nachbarn wichtig. Wir alle erinnern uns noch an das dramatische Fischsterben in der Oder im Sommer 2022. Meine erste Reise wird deshalb in der kommenden Woche nach Warschau zu meiner polnischen Amtskollegin Paulina Hennig-Kloska gehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen, auf die Unterstützung der Koalition und die kritische Begleitung der Opposition. Wir haben eine gemeinsame schwierige, aber wichtige Aufgabe. Vielen Dank für die Unterstützung.