Rede von Christian Kühn bei der Preisverleihung des ClimaHost Wettbewerbs

26.10.2022
Christian Kühn hält eine Rede.
Bei der Preisverleihung des ClimaHost Wettbewerbs hat Christian Kühn eine Rede gehalten und zeichnete Unterkünfte aus dem Alpenraum aus, die ein besonders hohes Engagement in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit bewiesen.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Frau Zinnecker,
Frau Dr. Wolf,
Damen und Herren,

ich freue mich, heute hier bei Ihnen sein zu können! Das Allgäu verbindet Kultur und Natur, Freizeit, Sport und Erholung als eine faszinierenden Region. Eine Region, die man gerne besucht, in der man gerne bleiben möchte.

Das Allgäu zeichnet sich als sanft-alpiner Lebensraum aus, den es zu schützen und bewahren gilt. Wirksamer Umwelt- und Klimaschutz sind existentiell, damit die Grundlagen für den Wohlstand in der Region erhalten bleiben.

Die Weckrufe der Natur, in den Alpen vor allem die dramatische Gletscherschmelze, sind nicht erst heute unüberhörbar. Die Folgen des Klimawandels sind für die Alpen und für die von ihren Wasserressourcen abhängigen Menschen, für die Energie- und Ökosysteme dramatisch. Die Temperaturen steigen in den Alpen fast doppelt so schnell wie im Rest der nördlichen Hemisphäre. Es besteht großer Handlungsbedarf, um die Alpen als einzigartige Natur- und Kulturlandschaft zu erhalten.

Für die Alpenregion ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige: Die einmaligen Landschaften und das vielfältige Natur- und Kulturangebot ziehen jährlich Millionen Gäste an. Rund 40 Prozent der Alpengemeinden leben vom Tourismus.

Umso wichtiger ist es, nachhaltige Tourismusangebote zu entwickeln, bei denen das Erleben und der Schutz von Klima und Umwelt im Vordergrund stehen. Auch Tourismus-Betriebe können auf diese Weise einen wertvollen Beitrag zum Erhalt von Artenvielfalt, zum schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen und zum Schutz des Klimas leisten.

Diesen Ansatz hatte das Bundesumweltministerium zum Anlass genommen, den ersten und bisher einzigen alpenweiten Klimaschutzwettbewerb für Unterkunftsbetriebe zu entwickeln und 2019 gemeinsam mit der Alpenkonvention und dem österreichischen Umweltministerium durchzuführen. Der Erfolg und die vorbildlichen Beiträge der prämierten Unternehmen hatten uns schnell überzeugt, ClimaHost ein zweites Mal durchzuführen und so auch weiteren Wettbewerberinnen und Wettbewerbern eine erneute Chance zu geben, ihr Engagement zum Umwelt- und Klimaschutz unter Beweis zu stellen und einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Die Entwicklung eines zukunftsfähigen Tourismus ist eines von vielen Handlungsfeldern der Klimaschutzaktivitäten in den Alpen und der Alpenkonvention. Denn der Tourismus ist gleichzeitig Opfer und Täter der Klimakrise. Er ist vom Klimawandel in besonderer Weise betroffen, trägt gleichzeitig aber auch zum Klimawandel bei. Rund fünf bis acht Prozent aller klimaschädlichen Emissionen weltweit entstehen allein durch den Tourismus, das sind mehr als eine Milliarde Tonnen. Mit dem Anstieg der Temperatur nimmt das Risiko von Naturgefahren zu und die Lebensräume einheimischer Tier- und Pflanzenarten gehen zurück.

Dazu kommt, dass wir uns in Zeiten multipler Krisen befinden. Mir ist wichtig, dass wir in einer Situation sich überlagernder Krisen diese nicht gegeneinander ausspielen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist nicht höher oder geringer zu bewerten als die Bekämpfung der Klimakrise oder die Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen. Energieversorgung, Klimaschutz, ein schonender Umgang mit Ressourcen und der Erhalt der Artenvielfalt bedingen sich gegenseitig und müssen zusammen gedacht werden. Bei allen geht es um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, unserer Sicherheit und unseres Wohlstands.

Die Tourismusbranche steht dabei nicht nur für sich allein, sondern ist Teil einer branchenübergreifenden Wertschöpfungs- und Wirkungskette. Damit ist sie Ausgangspunkt für weitreichende Impulse auch in andere Wirtschaftsbereiche, wie zum Beispiel Verkehr, Handel, Handwerk, Landwirtschaft, Gesundheit, Freizeit- oder Kultur und Kreativwirtschaft. Auf diese Weise leistet sie einen signifikanten Beitrag, um ländlich geprägte und strukturschwächere Räume zu entwickeln, in denen ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung häufig überproportional groß ist.

Doch dieser Beitrag für eine stabile Wertschöpfung setzt eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus voraus, die Umwelt und Klima schützt, lebenswerte natürliche und kulturelle Lebensräume bewahrt, Fach- und Arbeitskräfte aufgrund guter Bedingungen binden kann und die Interessen der lokalen Bevölkerung achtet.

Wenn wir beispielsweise den Reiseverkehr betrachten, der erheblich zum gesamten Personenverkehr in den Alpen beiträgt, wird schnell deutlich, dass neue Konzepte für die An- und Abreise und die Mobilität vor Ort erforderlich sind. Denn der größte Anteil der Treibhausgasemissionen im Tourismus geht auf den Urlaubs- und Freizeitverkehr zurück.

Hierzu lohnt sich ein Blick zur Alpenkonvention und die morgige Alpenkonferenz in der Schweiz, zu der auch die Umwelt- und Verkehrsministerinnen und –minister der Alpenländer zusammenkommen, um einen Aktionsplan „Auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen im alpinen Verkehr bis 2050“ zu vereinbaren. Er sieht Maßnahmen für die „Touristische Mobilität und Freizeitmobilität in den Alpen“ als einem von drei Tätigkeitsfeldern vor.

Beispielsweise sollen die Erreichbarkeit von Tourismuszielen mit dem öffentlichen Verkehr bis hin zur letzten Meile verbessert werden, klimaneutrale touristische Komplettangeboten gefördert und Projekte zur Förderung der nicht-motorisierten, aktiven Mobilität, also des Radfahrens und Zu-Fuß-Gehens unterstützt werden.

Gute Beispiele liefern hierzu auch die ClimaHost Preisträgerinnen und Preisträger, die sich neben überzeugenden Klimaschutzmaßnahmen am und im Gebäude auch der Frage der umweltverträglichen Mobilität für ihre Gäste gewidmet haben.

Die aktuellen Herausforderungen erfordern ein Umdenken der gesamten Branche, die sich auch verstärkt Innovationen zunutze machen muss.

Die Bundesregierung hat im Juli neue Eckpunkte für eine Nationale Tourismusstrategie beschlossen. Einen der vier Kernbereiche bilden die Klimaneutralität und die Stärkung von Umwelt- und Naturschutz. Im letzten Monat hat sie hierzu ein Arbeitsprogramm vorgelegt. Darin stellt sie Maßnahmen und Projekte aus allen tourismusrelevanten Bereichen der Bundesressorts vor, die dazu beitragen, den Tourismusstandort Deutschland nach der Coronakrise nachhaltig, klimafreundlich, sozial gerecht und innovativ zu gestalten.

Wir wollen das Programm in dieser Legislaturperiode kontinuierlich weiterentwickeln und dabei die wechselnden Herausforderungen für den Tourismus im Blick behalten. Alle Akteure der Tourismuswirtschaft sind eingeladen, sich mit eigenen Maßnahmen zu beteiligen – die Länder, die Destinationen und die vielen Unternehmen als Leistungsträger. Unser Ziel ist, möglichst nah an der Praxis zu sein und Synergien zu nutzen, wo sie sich bieten.

Das Bundesumweltministerium unterstützt hier mit Projekten und Programmen in den verschiedensten Bereichen einer nachhaltigen Entwicklung, beispielsweise in den Bereichen der Klimaresilienz, der Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung und des Meeresschutzes.

Mit einem Sofortprogramm Klimaanpassung haben wir den Auftakt zu einer systematischen und vorsorgenden Anpassungspolitik in Deutschland geschaffen. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Stärkung der Kommunen, um die Umsetzung von Maßnahmen vor Ort voranzubringen.

Eine große Bedeutung kommt auch unserem neuen Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz zu, mit dem wir in den nächsten Jahren den allgemeinen Zustand der Ökosysteme in Deutschland deutlich verbessern und zugleich ihre Klimaschutzleistung stärken wollen.

Die Alpen sind eine besonders fragile Naturregion, die dem Klimawandel stark ausgesetzt ist. Viele Tourismustreibende in den Alpen nehmen den Wandel schon seit Jahren wahr und machen sich Gedanken, wie ihre Heimat voller Naturschätze auch in der Zukunft bewahrt werden kann. Es ist deshalb ganz natürlich, dass es gerade hier in den Alpen gute, innovative Ideen gibt, wie man Tourismus, Hotellerie und Klimaschutz zusammenbringen kann. In den Alpen lassen sich viele Vorreiter in Sachen Klimaschutz finden, die schon vor Jahren auf eigene Faust beschlossen haben, dass es so nicht weitergehen kann. Sie suchten nach Wegen, ihre Gebäude technisch effizient zu gestalten, um den Ressourcenverbrauch möglichst gering zu halten. Sie suchten nach Möglichkeiten Energie aus regenerativen Quellen, wie Wasser und Sonne zu nutzen. Sie fragten sich, wie sie das Abfallaufkommen im Betrieb reduzieren können und fingen an, ihre Lieferketten zu hinterfragen. Warum Lebensmittel nicht vom Feld nebenan beziehen? Und das beste daran: Auch den Gästen gefällt diese Entwicklung. Denn Klimaschutz und Komfort für den Gast stellen keine Gegensätze dar, sondern entsprechen den steigenden Qualitätsansprüchen.

Die ClimaHost Gastgeber handeln aus Überzeugung und Verbundenheit zur Natur und dem eigenen Lebensraum. Am Wettbewerb teilnehmen konnten alle Beherbergungsbetriebe aus dem Alpenraum, die Klimaschutzmaßnahmen umsetzen und zu einem nachhaltigen Tourismusangebot in der Alpenregion beitragen.

Schon die Preisträger des ersten ClimaHost Wettbewerbs 2019 hatten gezeigt, dass Ökonomie und Ökologie gemeinsam zum Wohle von Klima, Natur und Mensch gewinnbringend eingesetzt werden können. Die diesjährigen Gewinnerinnen und Gewinner haben mit ihrem Engagement erneut bestätigt, dass Klimaschutz für sie ein Teil eines ganzheitlichen Ansatzes einer nachhaltigen Entwicklung ist. Mit einem stimmigen Gesamtkonzept, dem Innovationsgehalt der Maßnahmen sowie der Übertragbarkeit auf andere Betriebe des Alpenraums haben sie auch die internationale Jury überzeugt.

Bevor ich nun gleich zur Ehrung dieser engagierten Unternehmen komme, möchte ich zunächst das Wort an die Generalsekretärin der Alpenkonvention, Frau Smerkolj, übergeben, die uns eine Videobotschaft übermittelt hat.

26.10.2022 | Rede Tourismus und Sport

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