Impulsrede von Steffi Lemke auf dem Deutschen Verbrauchertag 2022

26.09.2022
Auf dem Deutschen Verbrauchertag 2022 hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke eine Rede zum Thema "Verbraucherschutz in Zeiten der Krise" gehalten.

Verbraucherschutz in Zeiten der Krise

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Pop,
sehr geehrter Herr Schuldzinski,
sehr geehrte Damen und Herren,

aktuell erleben wir eine Zeit paralleler und heftiger Krisen, die die Menschen akut betreffen und viele Sorgen und Ängste auslösen. Diese Sorgen nimmt die Bundesregierung sehr ernst. Deswegen bin ich dankbar, dass der Deutsche Verbrauchertag uns heute ein zentrales Forum bietet, um zu diskutieren, was sie umtreibt und welche Antworten die Politik, vor allem die Verbraucherpolitik, auf die Krisen geben kann und muss.

Verbraucherschutz im klassischen Sinne gleicht das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Unternehmen und einzelnen Verbraucherinnen und Verbrauchern aus. Derzeit geht es aber um sehr viel mehr. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, Inflation, extrem steigende Energie- und Verbrauchskosten und Sorgen vor einer wenig oder unbeheizten Wohnung belasten Verbraucherinnen und Verbraucher teils existenziell. Wenn die Preise für Lebensnotwendiges wie Essen, Strom und Heizen sich vervielfachen, dann geht es bei vielen Menschen darum, überhaupt mit ihrem Geld bis ans Monatsende zu kommen und nicht in eine Schuldenspirale zu rutschen. Gerade in Krisenzeiten ist deshalb Verbraucherschutzpolitik auch Sozialpolitik.

Mein Anliegen ist, die besonders Schutzbedürftigen zu entlasten. Der Staat kann nicht alle zusätzlichen Kosten tragen, aber er muss soziale Härten abmildern. Das heißt, Menschen zum Beispiel vor Energiearmut zu schützen und davor, dass ihnen kurzfristig lebenswichtige Verträge gekündigt werden. Für mich als Verbraucherschutzministerin ist deshalb wichtig, dass wir Strom- und Gassperren aufgrund der Energiekrise verhindern. Und dass niemand Angst haben muss, im Winter seine Wohnung zu verlieren, weil die Energiekosten unbezahlbar sind. Dafür trete ich ein. Außerdem haben wir als Bundesregierung eine Strompreisbremse beschlossen, um die Preissteigerungen für die Stromrechnung zu begrenzen.

Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Menschen, die besonders betroffen sind, auch mit Informationen und Hilfen erreichen. Gerade in Notlagen ist es entscheidend, auf verletzliche Gruppen aktiv zuzugehen. Dazu streben wir eine stärkere Vernetzung an, mit Wohlfahrtsverbänden, Flüchtlingsorganisationen sowie Multiplikatoren vor Ort. In unserem Projekt zum wirtschaftlichen Verbraucherschutz werden die 16 Verbraucherzentralen zum Beispiel mit Informationen zu Alltagsthemen wie Kostenfallen oder Vorsorgevollmachten stärker auf die Menschen zugehen.

Außerdem fördern wir als BMUV künftig mit noch mehr Mitteln Projekte zum Schutz vor Ver- und Überschuldung.

Verbraucherschutz in Zeiten der Krisen hat noch eine andere Dimension. Die aktuellen Krisen haben uns unmissverständlich vor Augen geführt, wie abhängig wir von Rohstoffimporten und globalen Lieferketten sind. Mit unserem Konsum überschreiten wir die Grenzen unseres Planeten. Wir verbrauchen viel zu viel Energie und Rohstoffe. Das gefährdet unsere Versorgung, und es ist ein Treiber für die Klimakrise, das Artenaussterben und die Verschmutzung der Umwelt.

Plötzlich fehlen Dinge, die wir vorher für selbstverständlich gehalten haben – Sonnenblumenöl im Supermarkt, Holz, Computer-Chips für die Industrie. Verbraucherschutz bedeutet für mich auch, die Resilienz gegenüber Krisen zu stärken. Uns unabhängiger zu machen von Rohstoffimporten, Alternativen zur Wegwerfgesellschaft zu entwickeln.

Dem soll zum Beispiel ein Recht auf Reparatur Rechnung tragen. Produkte sollen schon im Design langlebig und reparierbar gestaltet werden – das spart Ressourcen, und es spart Geld bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern. In einer Kreislaufwirtschaftsstrategie wird mein Ministerium Maßnahmen bündeln, die für nachhaltige, wiederverwendbare und gut recycelbare Produkte sorgen. Verbraucherinnen und Verbraucher können davon profitieren, indem sie ihre Produkte länger nutzen und zu erschwinglichen Preisen reparieren können. Die Wirtschaft kann sich mit Sekundärrohstoffen unabhängiger von globalen Schwankungen machen. Eine echte Kreislaufwirtschaft stoppt die Ressourcenverschwendung, wirkt gegen Erderhitzung und Naturzerstörung und hilft uns, besser durch die nächsten Krisen zu kommen. In Zeiten der Klimakrise und des Artenaussterbens ist Verbraucherpolitik damit auch Umweltpolitik

Als Verbraucherschutzministerin treibe ich gleichzeitig die klassischen Verbraucherschutzthemen weiter voran. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich auf faire Verträge verlassen können. Niemand soll Notlagen zur Abzocke ausnutzen, zum Beispiel, weil Menschen gezwungen sind, schnell einen neuen Stromversorger zu finden. Deswegen unterstützt mein Ministerium zum Beispiel die Aktivitäten des vzbv im Bereich der Marktbeobachtung und Rechtsdurchsetzung, damit Abzockmaschen erkannt und unseriöse Anbieter abgemahnt werden können. Deswegen fördern wir Instrumente wie Musterbriefe, Checklisten und Legal Tech Tools, mit denen man herausfinden kann, ob ein Schreiben rechtens ist und wie man sich im Zweifelsfall zur Wehr setzen kann.

Gleiches gilt für die digitale Welt. Fairness, Transparenz und starke, durchsetzbare Verbraucherechte sind hierbei wichtige Themen meines Hauses. Wichtige Vorhaben auf europäischer Ebene begleiten wir eng, wie die Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit, den Data Act und die KI-Verordnung.

Ein Anliegen ist mir auch die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verbandsklage. Ich begrüße es sehr, dass der Bundesjustizminister dazu jetzt einen Entwurf vorgelegt hat. Wir werden den Entwurf sorgfältig prüfen. Für mich ist entscheidend, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte mit der neuen Abhilfeklage künftig unkomplizierter geltend machen können. Denn alle Verbraucherrechte sind nur halb so viel wert, wenn sie nicht durchgesetzt werden.

Beim Verbraucherschutz in Zeiten der Krise steht die schnelle, zielgerichtete Entlastung der Bürgerinnen und Bürger zu Recht im Vordergrund. Oberste Aufgabe ist es, den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Gleichzeitig müssen wir langfristig denken und gestalten – für den ökologischen Umbau unserer Wirtschaft, für die Einführung einer echten Kreislaufwirtschaft, für die dauerhafte Stärkung der Stellung der Verbraucherinnen und Verbraucher im Wirtschaftsleben. Die Transformation wird nicht leicht sein, aber sie ist die Chance, unser Land krisenfest und zukunftssicher zu machen. Davon profitieren die Bürgerinnen und Bürger, die Umwelt und die Wirtschaft.

Ich freue mich auf die heutigen Beiträge und Gespräche, vor allem aber auf die weitere gute Zusammenarbeit für einen starken Verbraucherschutz.

26.09.2022 | Rede Verbraucherschutz
https://www.bmuv.de/RE10270
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