Ist der Wolf gefährlich für den Menschen?

FAQ

Das Bild vom Wolf, der unberührte Wildnis und weiträumige menschenleere Gebiete braucht, entspricht nicht der Realität in Deutschland. Wölfe in der Kulturlandschaft sind nicht gefährlicher als ihre Artgenossen, die in menschenleeren Gebieten leben oder die bejagt werden. Wolfsgebiete, die ähnlich dicht mit Menschen besiedelt sind, wie die Wolfsgebiete in Deutschland, und in denen ebenfalls keine (legale) Jagd auf Wölfe stattfindet, gibt es zum Beispiel in Italien und Polen. Auch in diesen Gebieten gibt es keine Hinweise darauf, dass Wölfe ihre Vorsicht dem Menschen gegenüber verlieren. Gleiches gilt für Wölfe, die in Nationalparks mit hohem Besucheraufkommen aufwachsen und die keine negative Erfahrung mit Menschen gemacht haben.

Es gehört daher zum normalen Verhalten der Wölfe, dass sie gelegentlich auch tagsüber in Sichtweite von bewohnten Gebäuden entlanglaufen, nachts dann und wann Dörfer durchqueren oder am Dorfrand nach Nahrung suchen. Die Erfahrung zeigt, dass ein solches Verhalten in der Regel keine Gefährdung des Menschen darstellt. Schäden können mittels Vorsorgemaßnahmen erfolgreich begrenzt werden. Dennoch gilt: Sicherheit zuerst! Zur Bewertung des Annährungsverhaltens von Wölfen an Menschen und den sich aus diesem Verhalten möglicherweise ergebenden Gefahren hat die DBBW Bewertungskriterien erarbeitet.

Umfassende Informationen zum Gefahrenpotenzial von Wölfen liefert die 2002 vom Norwegischen Institut für Naturforschung (NINA) veröffentlichte Studie "The fear of wolves: A review of wolf attacks on humans". Darin wurden Berichte über Wolfsangriffe auf Menschen und ihre Ursachen in Skandinavien, Mitteleuropa, Asien und Nordamerika zusammengetragen und ausgewertet. Demnach sind Übergriffe von Wölfen auf Menschen sehr selten. In der Vergangenheit gab es nur wenige Fälle, in denen gesunde Wölfe einen Menschen angegriffen oder gar getötet haben. Wolfsangriffe auf Menschen lassen sich vor allem auf drei Ursachen zurückführen: Tollwut, Provokation und Futterkonditionierung.

Tollwut, eine tödlich verlaufende Viruserkrankung, die in früheren Zeiten als Hauptursache für Wolfsangriffe galt, ist in Deutschland seit 2008 ausgerottet und gilt auch in den angrenzenden Ländern durch die Immunisierung des Fuchses als weitestgehend bekämpft. Auch die Provokation eines Wolfes ist unter den heutigen Gegebenheiten eine eher unwahrscheinliche Gefahrenursache, da sie laut der Studie vor allem Tierhalter betraf, die – beim Versuch ihre Nutztiere vor einem Angriff zu schützen – Wölfe mit Knüppeln oder Heugabeln in die Enge trieben beziehungsweise Jäger, die Welpen aus dem Bau holten.

Die in unserer gegenwärtigen Kulturlandschaft am ehesten mögliche Ursache für gefährliches Verhalten von Wölfen gegenüber Menschen ist eine starke Gewöhnung an die Nähe von Menschen (Habituation) verbunden mit positiven Reizen wie zum Beispiel Füttern (Futterkonditionierung). Futterkonditionierte Wölfe unterscheiden sich dahingehend von anderen Wölfen, dass sie sich aufgrund von positiven Reizen für Menschen interessieren und aktiv deren Nähe suchen. Bleiben die erwarteten positiven Reize (zum Beispiel Futter) aus, kann das dazu führen, dass die betroffenen Wölfe aufdringliches, dreistes und schlimmstenfalls aggressives Verhalten entwickeln.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Alle Wildtiere, also auch Wölfe, die in Kulturlandschaften leben, müssen sich zu einem gewissen Maße an die menschliche Anwesenheit gewöhnen (Habituation). Sie lernen Menschen und menschliche Aktivitäten in gewissem Umfang zu tolerieren. Eine solche Gewöhnung führt nicht per se zu problematischem Verhalten. Wenn Wölfe die Erfahrung gemacht haben, dass die Wahrnehmung menschlicher Präsenz ohne negative Konsequenzen verläuft, reagieren sie bei Begegnungen mit Menschen und Fahrzeugen in der Regel zwar vorsichtig, aber nicht extrem scheu und traben meist ohne übermäßige Hast davon. Wölfe, die weder positive noch negative Erfahrungen mit Menschen gemacht haben, bleiben diesen gegenüber argwöhnisch und nähern sich nicht aktiv an. Jungwölfe können durch ihre Neugierde und Naivität bisweilen eine geringere Fluchtdistanz zu Menschen aufweisen, als erwachsene Wölfe.

Enthalten in Fragen und Antworten zu
Wolf

https://www.bmuv.de/FA901

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