Die Stoffströme Abwasser und Klärschlamm besitzen relevante Phosphorpotenziale. Angesichts weltweit begrenzter Reserven an Phosphat-Mineralien kommt der Rückgewinnung des essentiellen Pflanzennährstoffes Phosphor als Beitrag zur Kreislaufschließung von Stoffströmen im Sinne nachhaltiger Ressourcennutzung und -schonung eine zunehmende Bedeutung zu. Das Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) der RWTH Aachen hat im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) und mit Forschungsmitteln aus dem Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die Rückgewinnung eines schadstofffreien, mineralischen Kombinationsdüngers "Magnesiumammonium-phosphat – MAP" aus Abwasser und Klärschlamm untersucht. Neben den wissenschaftlichen Untersuchungen an Versuchsanlagen wurde eine Schwerpunktstudie erstellt, in der
- eine Bestandsaufnahme und Bewertung der zurzeit angewandten Verfahren zur Phosphorelimination auf deutschen Kläranlagen,
- eine Darstellung der Techniken zur Nachfällung von Phosphor an Binnengewässern sowie
- eine Zusammenstellung der bekannten Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor im Abwasserbereich
erfolgte. Gegenstand der praktischen Untersuchungen des Forschungsvorhabens war die Entwicklung einer Verfahrenstechnik, die leicht in bestehende Abwasserreinigungsprozesse integriert werden kann, um Phosphor gezielt zurück zu gewinnen. Dazu wurden folgende Optionen untersucht:
- Phosphorrückgewinnung in Verbindung mit einer vermehrten biologischen Phosphorelimination im Hauptstrom,
- Phosphorrückgewinnung in Verbindung mit einer vermehrten biologischen Phosphorelimination im Nebenstrom,
- Phosphorrückgewinnung aus Aschen der Monoverbrennung von Klärschlämmen aus Kläranlagen mit vermehrter biologischer Phosphorelimination und
- Phosphorrückgewinnung aus dem Filtrat eines Membranbioreaktors.
Für die Phosphorrückgewinnung in Verbindung mit einer vermehrten biologischen Phosphorelimination im Hauptstrom wurde abschließend eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorgenommen.
Stand der Phosphorelimination auf deutschen Kläranlagen
In einer bundesweiten Erhebung wurden die derzeit eingesetzten Verfahren zur Phosphorelimination auf Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von größer 100.000 Einwohnerwerten (E) sowie die Möglichkeiten der Umstellung auf andere Verfahren abgefragt. Die Untersuchung wurde auf große Kläranlagen ausgerichtet, da vorangegangene Studien des Institutes für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen aufgezeigt haben, dass eine Phosphorrückgewinnung aus Abwasser und Klärschlamm derzeit zumeist erst ab ca. 100.000 E wirtschaftlich sinnvoll wird.
Die Auswertung hat ergeben, dass von den 182 erfassten Kläranlagen derzeit 24 Anlagen mit einer Gesamtausbaugröße von 6.781.000 E direkt für ein Phosphorrecycling geeignet sind. Unter der Annahme von 1,6 g P/(Ed) als durchschnittliche einwohnerwertspezifische Phosphorfracht könnten durch ein Phosphorrecycling aus den Schlammwässern 1.584 Mg P/a und bei Durchführung einer Nachfällung 1.663 Mg P/a zurück gewonnen werden. Die Umfrage hat außerdem ergeben, dass weitere 103 Kläranlagen ohne bauliche Änderungen auf ein für eine Phosphorrückgewinnung geeignetes biologisches Phosphoreliminationsverfahren umgestellt werden können. Die hieraus resultierende Anschlussgröße von 38,84 Mio. E ermöglicht, ca. 9.000 Mg P/a an Sekundärphosphaten aus den Prozesswässern der Schlammbehandlung zu recyceln, die den Düngemitteleinsatz (0,122 Mio. Mg P für das Jahr 2003/ 2004) um ca. 7,4 % reduzieren würden.
Bei einer Nachfällung, die auf eine Phosphorrückgewinnung ausgerichtet ist, könnten ca. 9.500 Mg P/a und somit 7,8 % der verwendeten Düngemittel durch Sekundärphosphate substituiert werden. Eine Abschätzung des Potentials an Sekundärphosphaten auch für die nicht in der Umfrage erfassten Kläranlagen ergibt für ganz Deutschland ein Substitutionspotential von über 10 %. Hierfür müssen zwar ggf. betriebliche und verfahrenstechnische Änderungen des Abwasserreinigungsprozesses durchgeführt werden, allerdings sind keine Veränderungen baulicher Art notwendig.
Einwohnerwert [E] | P-Fracht im Zulauf KA [Mg P/a] | Recyclingpotential | ||
---|---|---|---|---|
Nachfällung (MgO, MgCl2, NaAl) (42 % der Zulauffracht) [Mg P/a] | Prozesswässer der Schlammbehandlung (40 % der Zulauffracht) [Mg P/a] | |||
182 Kläranlagen | 61.064.220 | 35.662 | 14.978 | 14.265 |
derzeit: 24 Kläranlagen | 6.781.000 | 3.960 | 1.663 | 1.584 |
möglich: 127 Kläranlagen | 38.840.370 | 22.683 | 9.527 | 9.073 |
Gesamtpotential der 268 KA | 83.895.000 | 49.000 | 20.580 | 19.600 |
Hochrechnung: 63,6% der E der 268 KA | 53.357.220 | 31.160 | 13.100 | 12.450 |
Tabelle: Recycelbare Phosphorfrachten in Abhängigkeit des Stoffstroms und des Rückgewinnungsverfahrens bei den erfassten Kläranlagen > 100.000 E (61,1 Mio. E) sowie Hochrechnung
Versuchsergebnisse und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Die wesentlichen Ergebnisse des geeignetsten untersuchten Verfahrens(biologische Phosphorelimination im Hauptstrom in Verbindung mit einer MAP-Kristallisation [PRISA-Verfahren]) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Durch einfache verfahrenstechnische Maßnahmen und betriebliche Umstellungen lassen sich aus dem Bio-P-Überschussschlamm nennenswerte Phosphormengen zurücklösen. Weitere Nährstofffrachten resultieren aus der statischen und maschinellen Faulschlammentwässerung und ermöglichen eine Phosphorrückgewinnung als Magnesiumammoniumphosphat (MAP) durch Zugabe von Magnesiumoxid. Für die MAP-Kristallisation wurden optimale Betriebsparameter ermittelt, die einen Phosphorrückgewinnungsgrad von > 90 % bezogen auf den Zulauf zu dieser Verfahrensstufe ermöglichten. Unter günstigen Voraussetzungen können so bis zu 40 % des Phosphors aus dem Kläranlagenzulauf zurück gewonnen werden. Die organischen und anorganischen Verunreinigungen des erzeugten Sekundärphosphates (Kombinationsdünger - MAP) sind gering, liegen teils um mehrere Größenordnungen unter durchschnittlichen Belastungen von Klärschlämmen und halten bestehende sowie in Diskussion befindliche strengere Grenzwerte für eine Verwertung in der Landwirtschaft ein.
Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurde für das PRISA-Verfahren ein verfahrenstechnisches Konzept aufgestellt und für eine Kläranlage mit einer Ausbaugröße von > 100.000 E bemessen. Anschließend wurden die Investitionen und Betriebskosten abgeschätzt sowie die Jahreskosten ermittelt. Diese betragen 1,75 €/ (Ea), was einem Produktpreis von 7,40 €/ kg P entspricht. In dieser Kostenerhebung sind noch keine Erlöse aus dem Produktverkauf berücksichtigt.
Abbildung: Phosphorrückgewinnung aus den Prozesswässern der Schlammbehandlung (PRISA-Verfahren).
Die Forschungsergebnisse leisten einen grundlegenden Beitrag für die aktuell laufende Förderinitiative "Kreislaufwirtschaft für Pflanzennährstoffe, insbesondere Phosphor" des Bundesumwelt-, Bundesverbraucherschutz-, Bundesforschungs- und Bundeswirtschaftsministeriums.