Online-Shopping und das Problem mit der Nachhaltigkeit

07.02.2022

Immer mehr Menschen kaufen im Internet ein. Doch was sind die Folgen? Und kann Online-Handel auch nachhaltig sein?

Der Einkauf im Internet hat viele Vorteile: Man kann rund um die Uhr bestellen und die Ware wird nach Hause geliefert. Zusätzlich lockt der Online-Handel oft mit günstigeren Preisen und regelmäßig mit vielen Angeboten und Rabatten. Das Warensortiment wächst stetig. Mittlerweile bieten auch Supermarktketten an, die Einkäufe bis vor die Tür zu liefern. Und seit 2021 werben mehrere Start-up-Unternehmen damit, die Bestellungen sogar innerhalb von zehn Minuten zu liefern.

Durch den Online-Handel können Kundinnen und Kunden also Geld, Wege und Zeit sparen. Doch wie sehen die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft aus? Ist Online-Shopping klimafreundlich und sozial gerecht? Bei diesen Fragen gehen die Meinungen auseinander: Wer online bestellt, fährt nicht mit dem Auto einkaufen und verursacht dadurch weniger CO2.

Die anderen argumentieren, dass durch den Online-Handel viel Verpackungsmüll entsteht und die häufigen Retouren sich negativ auf die Ökobilanz auswirken. Immer wieder berichten Medien, dass parkende Paketdienste den Verkehr behindern und dass durch den wachsenden Online-Handel Innenstädte veröden. Das bedeutet, dass viele lokale Geschäfte schließen müssen, weil sie an Umsatz verlieren. Die Gewerkschaft ver.di kritisiert außerdem schlechte Arbeitsbedingungen und eine ungerechte Entlohnung der Mitarbeitenden von Online-Versandfirmen und deren Subunternehmen.

Die Umsätze steigen

Mehr Konsum durch Online-Handel?

Die Menschen kaufen immer mehr ein, die Ausgaben für Konsumgüter wachsen stetig, so das Umweltbundesamt. Besonders rasant wächst der Online-Handel. Allein im Jahr 2020 ist der Umsatz in Deutschland um rund 17 Prozent gestiegen. Das sind 3,6 Millionen Pakete mehr als im Vorjahr 2019.

Am häufigsten werden Bekleidung, Elektronik- und Telekommunikationsartikel im Internet bestellt. Die Modebranche („Fashion und Accessoires“) macht knapp ein Viertel des gesamten Online-Handels aus.

Angeführt wird der Online-Markt vom Versandhändler Amazon. Dieser hatte 2020 einen weltweiten Umsatz von 386,06 Milliarden US-Dollar. Er beschäftigte im selben Jahr weltweit rund 1,3 Millionen Arbeitskräfte, fast doppelt so viele wie im Jahr davor. Mit großem Abstand folgen der Versandhändler Otto und der Modehändler Zalando. Aber auch lokale Geschäfte steigen immer mehr in den Online-Handel ein.

Ökobilanz

Wie viele Treibhausgase verursacht der Handel?

Die meisten Treibhausgas-Emissionen (bis zu 75 Prozent) werden bereits bei der Herstellung eines Produktes ausgestoßen. Laut Umweltbundesamt (UBA) ist es deshalb vor allem wichtig, beim Kauf von Produkten auf ihre Langlebigkeit zu achten, um die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Der Transport und der Handel machen dagegen ein bis zehn Prozent der Gesamtemissionen aus.

Mehr Informationen im Artikel Shoppen und die Welt verbessern?

Studie des Bundesumweltamtes

Online oder vor Ort: Wie kauft man nachhaltiger ein?

Ob es nachhaltiger ist, online einzukaufen oder vor Ort, kann nicht so leicht beantwortet werden. Viele verschiedene Faktoren spielen mit hinein. Es kommt ganz auf das Produkt und das Kaufverhalten der Kunden und Kundinnen an. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA).

Den größten Einfluss auf die Ökobilanz im stationären Handel – also dem Einkauf im Geschäft – haben der Energieverbrauch des Geschäftes und der Weg zum Einkauf. So werden bei einer Einkaufsfahrt von fünf Kilometern mit dem Auto etwa 600 bis 1.100 Gramm CO₂ ausgestoßen. Bei einer Fahrt mit dem Fahrrad ist der Treibhausgasausstoß gleich Null. Bei einer Bestellung über das Internet fallen für die Lieferung durch einen Paketdienst im Schnitt zwischen 200 und 400 Gramm CO₂ an. Das heißt, dass die Menge der Treibhausgase geringer ist als bei der Fahrt im eigenen Auto. Das liegt unter anderem daran, dass die Fahrzeuge der Paketdienste in der Regel besser ausgelastet sind, dass sie ihre Lieferrouten effizienter planen und zunehmend Elektrofahrzeuge einsetzen.

Was im Online-Handel die Umwelt belastet, sind vor allem die Versandverpackungen, Rücksendungen und der letzte Abschnitt bei der Lieferung: der Transport bis zur Haustür, die sogenannte letzte Meile.

Verpackungsmüll

Viele Güter müssen aufwändig verpackt werden, damit sie beim Transport nicht beschädigt werden. Je nach Größe und verwendetem Material entstehen dadurch zusätzliche Emissionen beim Online-Handel.

Retoursendungen

In Deutschland wurde 2019 im Durchschnitt ungefähr jedes fünfte Paket zurück zum Händler geschickt. Bei Kleidung ist es sogar mindestens jedes zweite Paket, schätzt die Verbraucherzentrale. Allein beim Online-Shopping von Kleidung sind das täglich etwa 800.000 Pakete. Dies entspricht ungefähr 400 Tonnen CO2, soviel wie bei 255 Autofahrten von Frankfurt nach Peking ausgestoßen würde. Wer hingegen in einem Geschäft einkauft, tauscht weniger um, denn man kann sich beraten lassen und findet leichter das passende Produkt.

Knapp vier Prozent aller im Online-Handel zurückgesandter Ware wird entsorgt. Das sind etwa 20 Millionen Artikel pro Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Bamberg. Manchmal können es die Versandfirmen nicht vermeiden, die Waren zu vernichten. Zum Beispiel, wenn der Artikel defekt ist. In 40 Prozent der Fälle wäre es zumindest theoretisch möglich, die Waren beispielsweise zu spenden. Jedoch ist es für den Händler häufig einfacher und günstiger, die Produkte zu vernichten. Die für die Produktion aufgebrachten Ressourcen werden somit verschwendet.

Neben den Umweltauswirkungen haben Retouren auch direkte Nachteile für Kunden und Kundinnen. Denn die Handelsunternehmen legen die Kosten für zurückgeschickte Pakete auf die Preise aller Artikel um.

Letzte Meile

Beim Online-Handel gibt es einen Trend zu immer kürzeren Lieferzeiten und Lieferungen zu bestimmten Wunsch-Uhrzeiten. Das verursacht einen besonders hohen Aufwand bei der Organisation auf Seiten des Handels. Mit dem Aufwand nehmen auch die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu.

Außerdem liegt eine große Schwäche der Online-Bestellung darin, dass rund ein Viertel der Zustellungen beim ersten Versuch fehlschlägt. Etwa 18 Prozent der Kundinnen und Kunden müssen ihre Lieferung danach selbst abholen. Wenn sie dafür das Auto nutzen, verschlechtert dies die Öko-Bilanz weiter.

Online-Handel

Folgen für die Gesellschaft

Der Online-Handel hat nicht nur Folgen für die Umwelt, sondern auch für die Gesellschaft. Medien und Gewerkschaften berichten, dass die Beschäftigten von Online-Handelsunternehmen und Lieferdiensten unter enormem Zeitdruck die Pakete packen und transportieren müssen. Oftmals erhalten sie nicht einmal den Mindestlohn. Sie sind zumeist nicht direkt bei Handelsfirmen oder Paketdiensten angestellt, sondern bei Subunternehmen oder in Leiharbeitsfirmen.

Eine weitere Folge des Online-Handels ist, dass zahlreiche Geschäfte der Konkurrenz aus dem Internet nicht standhalten und schließen müssen. In vielen Städten und kleineren Orten stehen Läden leer. Die Ortszentren veröden – das bedeutet, sie werden weniger attraktiv und ziehen weniger Menschen an.

Kann der Online-Handel nachhaltiger werden?

Es gibt zahlreiche Ansätze, um die negativen Auswirkungen des Online-Handels auf die Umwelt zu reduzieren. Zum Beispiel setzt sich das Bundesumweltministerium dafür ein, einen digitalen Pass für Produkte einzuführen. Er würde es erleichtern, beim Online-Shopping auf Nachhaltigkeit zu achten. Ein solcher Pass würde alle Informationen über das Produkt enthalten, die für die Umwelt relevant sind, zum Beispiel über Reparierbarkeit und Recycling. Die Informationen könnten in leicht vergleichbarer Form in Online-Shops angezeigt werden.

Es gibt weitere Möglichkeiten, umweltfreundliche Produkte in Online-Shops leicht auffindbar zu machen. Zum Beispiel, indem dort Umweltzeichen wie der Blaue Engel der Bundesregierung oder das Bio-Siegel angegeben werden. Manche Shops erlauben auch das Filtern von Produkten nach Umweltmerkmalen, zum Beispiel nach Stromverbrauch.

In vielen Online-Shops gibt es mittlerweile intelligente Assistenten, die bei der Auswahl helfen. Sie könnten aktiv darauf hinweisen, dass es zu vielen Produkten nachhaltigere Alternativen gibt, zum Beispiel Produkte mit dem Blauen Engel.

Um Retouren zu vermeiden, sollten außerdem Produktbeschreibungen verbessert werden.

Einkaufsratgeber

Was kann ich selbst tun?

Die größte Stellschraube für den ökologischen Einkauf sind langlebige Produkte, die umweltfreundlich hergestellt werden, so das Umweltbundesamt. Daher ist es wichtig, beim Einkauf auf Prüfzeichen und Umweltsiegel zu achten, wie das staatliche Umweltzeichen Blauer Engel, das Fair-Trade- und das Bio-Siegel, mit dem fair gehandelte beziehungsweise ökologisch produzierte Waren ausgezeichnet werden. Es gibt zahlreiche andere Label – einen guten Überblick bietet das Portal www.siegelklarheit.de der Bundesregierung.

Weitere Tipps für eine bessere Ökobilanz beim Einkaufen:

  • Online-Bestellungen an eine Packstation in der Nähe liefern lassen. So wird vermieden, dass der Versanddienst erneut kommen muss, wenn niemand zu Hause ist.
  • Nur die Dinge online einkaufen, die nicht im Laden in der Nähe zu erhalten sind. Damit werden die Händler vor Ort gestärkt.
  • Vorausschauend shoppen, sodass die Versandfirma mehrere Waren zusammen in einem einzigen Paket schicken kann.
  • Alltagsprodukte möglichst zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Nahverkehr einkaufen, um CO2-Emissionen zu vermeiden.
  • Beim Versand die Variante "Standard" oder "Normal" wählen. „Express“- oder „Prime“-Dienste führen zu zusätzlichen Belastungen für die Umwelt.

Eine weitere Möglichkeit ist, online Second-Hand-Produkte einzukaufen. Dadurch fallen zwar weiterhin die Emissionen für den Transport an, jedoch entfallen die Umweltauswirkungen der Herstellung. Der Markt für Second-Hand-Produkte ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieter und Plattformen, die sich leicht mithilfe von Suchmaschinen und Ratgeberbeiträgen in Online-Medien finden.

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