Schutz der Meeresumwelt der Nordsee und des Nordostatlantiks

Ergebnisse der Jahrestagung 2011 der OSPAR-Kommission

Zum Schutz der Meeresumwelt der Nordsee und des Nordostatlantiks kam die OSPAR-Kommission zu ihrer jährlichen Tagung vom 20. bis 24. Juni 2011 unter spanischem Vorsitz in London zusammen. Die folgenden Themen standen dabei im Mittelpunkt.

Ökosystemansatz und Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie

Die Arbeit der OSPAR-Kommission wie auch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL; Richtlinie 2008/56/EG) der Europäischen Union fußen auf dem Ökosystemansatz: alle auf das Ökosystem einwirkenden Belastungen durch den Menschen sind integrativ zu regulieren.

Um diese meeresschutzpolitische Vorgabe gezielt und fokussiert erreichen zu können, hat OSPAR anlässlich der letzten Jahressitzung im Herbst 2010 die Arbeitsstrukturen geändert und jetzt erste Erfahrungen damit ausgewertet. Es sind jedoch noch einige Anstrengungen erforderlich, um die Arbeiten der Fachausschüsse mit Themenbereichen wie biologische Vielfalt (BDC), gefährliche Stoffe und Eutrophierung (HASEC), radioaktive Stoffe (RSC), Offshore-Industrie (OIC) und Umweltauswirkungen menschlicher Aktivitäten (EIHA) weiter zu integrieren. In der Sitzungsperiode 2013/2014 sollen die erzielten Fortschritte erneut geprüft werden. Im Rahmen der Umsetzung der MSRL hat OSPAR die Funktion einer Koordinationsplattform für diejenigen EU-Mitgliedstaaten übernommen, die auch OSPAR-Vertragsstaaten sind.

In diesem Zusammenhang haben die OSPAR-Ausschüsse BDC und HASEC Handreichungen für das Vorgehen zur Beschreibung des guten Umweltzustands, der Festlegung von Umweltzielen und der Auswahl von Indikatoren entwickelt. Sie können als ständig weiterzuentwickelnde Dokumente ("Living Documents") in die entsprechenden EU-Arbeitsgruppen eingespeist werden. Dies betrifft Handreichungen für folgende MSRL-Themenbereiche zur Festlegung des guten Umweltzustands: 1 (Biodiversität), 2 (nicht einheimische Arten), 4 (Nahrungsnetze) und 6 (Meeresboden) als Paket sowie 5 (Eutrophierung) und 8 (Schadstoffkonzentrationen) jeweils einzeln.

Empfehlungen zum Schutz und Erhalt von Seevogel-Arten

Die OSPAR-Kommission hat je eine Empfehlung zum Schutz und Erhalt der folgenden Seevogel-Arten verabschiedet:

  • Heringsmöwe (Larus fuscus fuscus; in Deutschland ansässig)
  • Elfenbeinmöwe (Pagophila eburnea; in Deutschland nicht vorkommend)
  • Kleiner nordatlantischer Sturmtaucher (Puffinus assimilis baroli; ein seltener bis gelegentlicher Besucher in Deutschland),
  • Balearensturmtaucher (Puffinus mauretanicus; ein seltener bis gelegentlicher Besucher in Deutschland)
  • Nordatlantisc he Dreizehenmöwe (Rissa tridactyla tridactyla; in Deutschland ansässig)
  • Rosenseeschwalbe (Sterna dougalii; eine seltene Besucherin in Deutschland)
  • Dickschnabellumme (Uria lomvia; eine seltene Besucherin in Deutschland).

Meeresschutzgebiete jenseits nationaler Zuständigkeiten

Anlässlich der in Bergen im September 2010 durchgeführten OSPAR-Ministerkonferenz wurden Beschlüsse gefasst, mit denen das OSPAR-Netzwerk von Meeresschutzgebieten von bis dahin 147.000 Quadratkilometern auf eine Fläche von nunmehr rund 433.000 Quadratkilometern ausgedehnt wurde. Damit stehen rund drei Prozent des Nordostatlantiks unter Schutz, was etwa einer Fläche von der Größe der Ostsee entspricht. Möglich wurde dies durch die gemeinschaftliche Ausweisung von insgesamt sechs Meeresschutzgebieten. Im Jahr 2011 verabschiedete OSPAR nun ein Dokument, das darauf ausgerichtet ist, die Mitwirkung für im Bereich der hohen See ebenfalls zuständige Stellen - wie der Fischereikommission für den Nordostatlantik (NEAFC), der Internationalen Seeschifffahrtorganisation (IMO), der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) und anderer - beim Schutz der sechs von OSPAR auf der hohen See eingerichteten Meeresschutzgebiete sicherzustellen.

OSPAR kam zudem überein, die genannten sechs Gebiete im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt als "Ecologically and Biologically Sensitive Marine Areas" (EBSAs) zu benennen.

Darüber hinaus stimmte OSPAR der Veröffentlichung eines Hintergrunddokuments über ökologische Qualitätsziele für bedrohte und/oder im Rückgang befindliche Lebensräume der OSPAR-Liste zu.

Gefährliche Stoffe

Die OSPAR-Kommission stimmte der Veröffentlichung eines Hintergrunddokuments zu Vinylneodecanoat und Aktualisierungen von Hintergrunddokumenten zu Tetrabrombisphenol-A, Organozinn und Perfluoroctansulfonat (PFOS) zu.

Nährstoff-Anreicherung

Die wichtigsten Arbeiten in diesem Bereich zielen einerseits auf die Ermittlung von Reduzierungszielen für Nährstoffeinträge und -konzentrationen, die erforderlich sind, um nachteiligen Auswirkungen der Nährstoffanreicherung durch Quellen an Land zu begegnen ("distance to target") und andererseits auf die Ermittlung des Beitrags der Seeschifffahrt zur Stickstoffdeposition.

Offshore-Industrie

OSPAR nahm eine Empfehlung zur Änderung der Empfehlung 2001/1 bezüglich des Managements der Einleitungen von Produktionswasser aus Offshore-Anlagen an. Die Empfehlung wurde früher schon einmal geändert.

Darüber hinaus lagen Entwürfe einer Empfehlung und einer Leitlinie zu einem risikobasierten Ansatz beim Management von Produktionswasser vor. Diese wurden aber zur weiteren Bearbeitung an die zuständige Korrespondenzarbeitsgruppe beziehungsweise an den zuständigen Ausschuss für Offshore-Industrie (OIC) zurückverwiesen.

Hinsichtlich der aus der Havarie der "Deepwater Horizon"-Plattform zu ziehenden Konsequenzen konnte die Korrespondenzarbeitsgruppe DRILLEX lediglich einen Zwischenbericht vorlegen, da noch nicht alle nationalen und internationalen Bewertungen vorliegen und daher noch keine abschließende Einschätzung vorgenommen werden konnte.

Radioaktive Stoffe

OSPAR genehmigte die Veröffentlichung des jährlichen Datenberichts über Ableitungen aus dem Nuklearsektor und dem nichtnuklearen Sektor sowie Berichte aus Belgien, Deutschland und Spanien über die erfolgreiche Umsetzung der Empfehlung 91/4 zu radioaktiven Ableitungen. Die EU wurde gebeten, zu klären, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die MSRL über die Anfangsbewertung der Ableitung radioaktiver Stoffe hinaus auf radioaktive Stoffe anwendbar ist. Russland baut aktuell ein schwimmendes Kernkraftwerk und soll darüber im nächsten Jahr der für die Überwachung radioaktiver Stoffe in der Ostsee zuständigen Arbeitsgruppe MORS der Helsinki-Kommission (HELCOM) berichten. OSPAR wird sich an HELCOM wenden, um weitere Details in Erfahrung zu bringen.

Auswirkung menschlicher Aktivitäten

Der zuständige Ausschuss (EIHA) soll 2012 eine Empfehlung zur Durchführung der Baggergutleitlinien vorlegen. Weitere Arbeiten werden sich mit dem Management von Ballastwasser und den potenziellen Auswirkungen der Schifffahrt auf die sechs OSPAR-Meeresschutzgebiete auf hoher See befassen. In einem gemeinsamen Workshop mit HELCOM und dem Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES), zu dem auch die für das Mittelmeer und das Schwarze Meer zuständigen Regionalkommissionen eingeladen werden, sollen die praktischen Möglichkeiten einer grenzüberschreitenden Raumordnung erkundet werden.

Die EU-Mitgliedstaaten sind gehalten, im Rahmen der Anfangsbewertung nach der MSRL auch eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Analyse der Nutzung ihrer Gewässer vorzulegen. Als Ergänzung hierzu ist unter anderem geplant, im Rahmen von OSPAR eine regionale Analyse eines einzelnen Nutzungssektors durchzuführen.

Stand der Ratifizierung der Änderungen des OSPAR-Übereinkommens

Im Jahr 2007 hatte OSPAR die Anlagen II (Verhütung und Beseitigung der Verschmutzung durch Einbringen oder Verbrennung) und III (Verhütung und Beseitigung der Verschmutzung durch Offshore-Quellen) des OSPAR-Übereinkommens geändert, um die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxidströmen in geeigneten geologischen Formationen des Meeresuntergrunds (CO2 und anschließende Speicherung) zu ermöglichen. Diese Änderungen treten 30 Tage nach der siebten Hinterlegung einer Ratifizierungsurkunde in Kraft. OSPAR wurde 2011 darüber informiert, dass die siebte Hinterlegung kurz vor der Jahressitzung erfolgte. Eine Bestätigung des Inkrafttretens durch die französische Verwahrregierung steht noch aus.

Stand: 01.10.2011

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