Umwelthormone
Was ist das Problem?
Hormonell schädigende Stoffe oder Mischungen, auch endokrine Disruptoren (ED) genannt, sind körperfremde Stoffe, die eine oder mehrere Funktionen des Hormonsystems negativ beeinflussen. Durch eine Exposition gegenüber diesen Stoffen kann die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt beeinträchtigt werden. Aufgrund ihrer Wirkweisen können hormonell schädigende Stoffe in Organismen gravierende, langfristig schädliche Effekte hervorrufen. Sie können potenziell krebserregend, fortpflanzungsschädlich oder die Entwicklung störend wirken. Irreversible Schäden in der Entwicklung von Organismen oder auch die Gefährdung ganzer Populationen sind möglich, zum Beispiel, wenn bei Wildtieren durch hormonell schädigende Stoffe Geschlechterverhältnisse deutlich verschoben werden.
Für bestimmte chemische Stoffe wurden die schädigenden Wirkungen bereits gut dokumentiert und EU-weit anerkannt. Dazu zählen zum Beispiel ausgewählte Bisphenole und Phthalate. Bei vielen anderen gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf.
2016 hat die Europäische Kommission wissenschaftliche Kriterien für Endokrine Disruptoren im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln und Bioziden vorgelegt. Im Rahmen von REACH gehört die Entwicklung von Methoden, mit denen ein endokrines Potenzial entdeckt und identifiziert werden kann, zu den vordringlichen Aufgaben, da die endokrine Wirksamkeit eines Stoffes zu den Gefährdungsmerkmalen gehört, die ein Zulassungsverfahren erforderlich machen.
Im Oktober 2020 hat die Europäische Kommission die europäische Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit veröffentlicht. Die Chemikalienstrategie ist ein wichtiges Element des Europäischen Grünen Deals. Sie soll einen wesentlichen Beitrag zum Ziel leisten, bis 2050 eine schadstofffreie Umwelt zu schaffen (Null-Schadstoff-Ziel). Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, hat die Europäische Kommission eine Vielzahl von Maßnahmen angekündigt.
Der Schutz von Mensch und Umwelt vor hormonell schädigenden Stoffen soll aus Sicht der Europäischen Kommission unter anderem durch eine leichtere Identifizierung und gegebenenfalls erforderliche Regulierung dieser Stoffe verbessert werden. Besonders besorgniserregende Stoffe oder Stoffgruppen – darunter auch hormonell schädigende Stoffe – unter anderem in Verbraucherprodukten und gegebenenfalls Produkten für professionelle Anwender sollen unter REACH besser und auch schneller reguliert werden. Ausnahmen soll es nur für Stoffe geben, deren Verwendung gesamtgesellschaftlich notwendig ist. Zudem sind rechtsverbindliche Kriterien für Gefahrenklassen sowie eine entsprechende Gefahrenkennzeichnung nach der CLP-Verordnung für hormonell schädigende Stoffe eingeführt worden (Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen; im Englischen Classification, Labelling and Packaging of chemicals and mixtures).
Die Bundesregierung hat Ende 2023 einen "Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen" beschlossen, um die Regulierung von hormonell schädigenden Stoffen weiter auszubauen. Bürgerinnen und Bürger sollen besser über die Risiken wie auch über bereits erfolgte Maßnahmen und Regulierungen hormonell schädigender Stoffe informiert werden. In Zusammenarbeit mit Akteuren der Bundesregierung sind folgende Maßnahmen geplant:
- eine weitere Verbesserung der Regulierung von hormonell schädigenden Stoffen, beispielsweise über die Mitwirkung auf EU-Ebene;
- eine bessere Information der Bürgerinnen und Bürger über die bestehenden Risiken, beispielsweise über Multiplikatoren der Zivilgesellschaft (Verbände);
- eine Weiterentwicklung des Wissens und eine Stärkung der internationalen Zusammenarbeit, beispielsweise durch Forschungsprojekte.